Die Galerie Barbara Weiss präsentiert in dieser Ausstellung drei neue Filme Harun Farockis. Als Filmemacher und Künstler ist er bekannt durch sein filmisches Erforschen gesellschaftspolitischer Themen und der Untersuchung von Produktions- und Rezeptionsbedingungen von Filmbildern.
Für das Filmprojekt Ein neues Produkt (2012) begleitete Farocki die Unternehmensberatungsfirma Quickborner Team über ein Jahr mit der Kamera. Unaufgeregt dokumentiert er die oftmals leidenschaftlichen Diskussionen der Hamburger Unternehmensberater über ihre Visionen einer Flexibilisierung und Individualisierung von Arbeitsbedingungen mittels neuer Raumkonzepte und legt in der nüchternen Zurückhaltung dennoch beklemmende, teils komisch wirkende Situationen offen. Lediglich durch Szenenwahl und Reihenfolge wirkt er ein, ein Kommentar ist bewusst ausgespart. Entstanden ist ein bizarres Dokument über Grundsatzdebatten zu unserem Verhältnis zur Arbeit in einer kapitalistischen Marktwirtschaft, in der immer alles schneller, besser, effizienter werden soll.
In Parallele (2012) zeichnet Farocki Trends und Möglichkeiten des digitalen bewegten Bildes von ihren Anfängen in den 80er Jahren bis heute nach. Farocki fragt, ob sich das digitale Bild gegenüber dem Filmbild zur dominanten Bildkategorie entwickeln wird. Kann das digitale Bild das Filmbild ersetzen? Welche Konsequenzen hat das Nachbauen einer Realität auf unsere Wahrnehmung? Erneut arbeitet Farocki hier mit der Doppelprojektion als erweitertes Montageverfahren, das den Vergleich zwischen den Bildtechniken stärkt. Parallele ist der erste Teil eines Zyklus, der in zwei weiteren fortgesetzt werden wird.
umgießen (2010) bezieht sich auf die Performance Zyklus für Wassereimer (oder Flaschen) von Fluxus-Künstler Tomas Schmit. Bei der Aktion füllte Schmit das Wasser einer gefüllten Flasche sorgsam der Reihe nach von einer in die nächste Flasche. Da aber dennoch immer etwas Wasser daneben ging, endete die Performance damit, dass alle Flüssigkeit verschüttet war. Mit der Auftragsarbeit zu Seven Screens, sieben LED-Video-Stelen vor dem Münchener Osram-Gebäude zu bespielen, greift Farocki auf die bekannte Performance der 60er Jahre zurück. Mit der künstlerischen Strategie des Reenactments befragt er sie nach ihrer Aktualität und führt sie zu einer Neuinterpretation. Farocki transferiert die Aktion in die Welt der Technik von heute, arbeitet mit einem ganzen Team an Experten vom Institut für Informatik der TU München. Verfolgt von sieben Kameras übernimmt ein Roboter die rituelle Handlung des Umgießens in die aufgrund des Formats der Stelen verschlankten Flaschen. Experimentieren mit Beleuchtung und Positionierung führte zu zwei weiteren Versionen neben dem hier gezeigten 20-minütigen Film.
Der in Berlin lebende Filmemacher Harun Farocki hat in fast 50 Jahren über hundert Filme und Installationen produziert und gilt heute als einer der bekanntesten deutschen Essayfilmer. Seit Mitte der 1990er Jahre entwickelt er Arbeiten für den Ausstellungsraum, darunter Tate Modern, Jeu de Paume, MoMA in NYC, Sprengel Museum, Museum Ludwig, Kunsthaus Bregenz u.v.m.