Es gäbe bestimmt ein Bild, das aus der Reihe tanzen würde und möglicherweise nicht in dieser Ausstellung wäre. In der Vorstellung würde man darauf August Strindberg schlafend sehen, mit leicht struppigen Haaren und Schnurrbart, den Kopf auf einem imposanten und weichen Kissen ruhend. Ein horizontaler Streifen, das heißt, eine Oberfläche, auf der man ihn gespiegelt sähe, würde den unteren Teil des Bildes trennen. Das Bild wäre mehrdeutig und seine Quelle ungewöhnlich. Tim Eitel hätte dieses Gemälde nach einem gefundenen Foto realisiert: ein Bild, bei dem er nicht wie üblich die Erfahrung der Wahrnehmung gemacht hätte. Hier würde er also mit der Wahrnehmung eines anderen arbeiten, und dieser andere wäre der schlafende Strindberg. Es gäbe diesen horizontalen Streifen, der sich motivisch durch seine Arbeit zieht, und ein Traumbild wäre oder vielleicht das nächste Bild auf dem Film. Und würde man sich für das Originaldokument interessieren, ließe sich darauf ein Selbstportrait erkennen, das von einer experimentellen Praxis der Fotografie zeugen würde. Strindberg hätte in der Tat ein Atelier für Portraits gegründet, mit dem Anspruch, Denkvorgänge zu übertragen und einzufangen, also einen unsichtbaren Prozess aufzuzeichnen. Die Methode bestünde darin, Porträts in Lebensgröße zu schaffen, mit sehr langen Belichtungszeiten zu arbeiten, in denen der Fotograf mit den beobachteten Modellen Telepathie betreiben würde. Strindberg wäre dabei eingeschlafen.
So haben wir hier ein Werk für sich oder vielleicht auch ein unsichtbares Werk, das aber Perspektiven auf die Themen wirft, die diese Ausstellung, die Tim Eitel „atmosphärisch denkt“, durchziehen. Während die übereinanderliegenden Schichten, die Bedeckungen und Löschungen auf der Leinwand die Sujets in die Malerei kippen lassen, wissen wir nie genau, ob die schwarzen Sonnen leuchten, ob die Nacht hereinbricht oder die Sonne aufgeht, ob die Figuren verschwinden oder erscheinen, ob sie fortbestehen oder immer wieder auftauchen, ob wir ein Bild oder sein Phantom betrachten, einen leeren Raum oder eine monochrome Fläche. Tim Eitel entzieht oder abstrahiert jedes Bildsujet von seinem narrativen Raum und neigt dazu, es in der Stille und Dauer einzubetten, um es der Beobachtung und Variation auszusetzen. So definiert sich das Bild langsam, als ob sich unsere Augen erst an die Dunkelheit gewöhnen müssten, um die Nuancen und die Dichte wahrnehmen zu können, bis dann der Kopf eines japanischen Buddhas auftaucht. Es gibt immer einen Buddha-Kopf, den Schatten eines Baumes, ein Gespenst, eine Haarmasse oder einen Körper in einem paradoxen Zustand, Wesen, die bereit sind, in eine andere Realität oder Malweise überzugehen, Wesen, die bereit sind, das Hard-edge zu beherrschen. Es gibt immer eine Tätigkeit, die über die Greenberg’sche Erzählung des Modernismus lacht, um sich für deren esoterische Wurzeln zu interessieren. Es gibt immer einen mystischen Schatten, der der reinen Malerei innewohnt, und eine Stelle auf der Stirn des Betrachters, auf die Tim Eitel ein Drittes Auge klebt.