17.09.2011 - 17.12.2011
In ihrem Atelier, der Volksboutique, stellt Christine Hill Wertvorstellungen der Konsumkultur auf den Prüfstand und versieht ausrangierte Gegenstände mit neuer Bedeutung und neuen Verwendungsmöglichkeiten. Das Thema Geschäftsbetrieb in unterschiedlicher Gestalt und das Konzept der Transaktion über den Ladentisch sind in ihren Projekten ein immer wiederkehrendes Element, ebenso wie die Leidenschaft für das Sammeln und Inventarisieren von Gegenständen und Phänomenen des Alltagslebens.
Diese Interessen werden in dem seit Oktober 2010 laufenden Projekt „Small Business" thematisiert, bei dem die Frontfassade ihrer Berliner Atelierräume als Schaufenster für die Anliegen und Projekte der Volksboutique dient. Den Ladenraum dominiert ein vier Meter langer Apothekentresen, in dem Besucherinnen und Besucher einen großen Bestand an Talismanen betrachten können. Christine, die Inhaberin und Dienstleisterin, hält in einem Zettelkasten „Attribute" auf Karteikarten bereit und stellt gemeinsam mit dem Besucher ein Servicepaket zusammen, das aus den von ihm ausgewählten Objekten sowie jenen Charaktereigenschaften besteht, die er ihnen zugewiesen hat.
Das Gespräch zwischen Christine und dem Kunden von „Small Business" fußt auf der Beachtung, Bestimmung und Würdigung von Alltagsgegenständen. Die ausgewählten Dinge werden anschließend in eine Art Whitman's Sampler Box (eine bekannte Pralinenschachtel mit einem Sortiment sorgfältig etikettierter Süßigkeiten) der Volksboutique gepackt, die dann für den Kunden individuell und persönlich verziert wird. Das Ergebnis ist ein einzigartiges Sammelstück, das den Austausch zwischen Christine und dem Besucher repräsentiert und als außergewöhnliches Andenken dient.
Das Modellgeschäft „Small Business" ist in der Lage, sich im Falle einer Erweiterung von Christines Interessen ebenfalls weiterzuentwickeln und zu verändern.
In der Ausstellung „Shop/Like" bei EIGEN+ART Leipzig zieht sie eine Verbindung zu ihrer aktuellen Tätigkeit des Ladenbetreibens, indem sie einen lebensgroßen Kaufladen aufstellt, den die Galeriebesucher selbst betreiben können. Die vergrößerte Version dieses bekannten Kinderspielzeugs ist in der Hauptgalerie zu sehen. Die vertraute Ladenausstattung und Nachbildungen von Gegenständen, wie man sie für gewöhnlich in Kaufläden vorfindet (Verpackungen, Flaschen, Gläser), sind alle hier zu sehen. Der Inhalt der Regale spiegelt ein Interesse an den phrenologischen Bereichen des Gehirns, an Gedankenabläufen wider - die gesammelten Ausstellungsobjekte erhalten durch ihre jeweilige Platzierung und Etikettierung unterschiedliche Bedeutung und Priorität. In taxonomischer Hinsicht deuten sie auf existenziellere Fragen und Überlegungen hin. Die Galeriebesucher sind eingeladen, auf die Konstruktion hinaufzusteigen. Sie können auch in der Rolle der Inhaberin oder des Inhabers für Handyfotos posieren.
Ein vertrauter Aspekt des Kinderkaufladens ist die Gegenwart einer häufig überdimensionierten Waage. Das englische Wort „scale" steht sowohl für den Gegenstand selbst - die Waage - als auch für „Skalierung" oder „Umfang". Die bewusste Herbeiführung von Intimität und einer persönlichen Handelsbeziehung zu einem Geschäftsinhaber, die Erkenntnis, dass Geschäftspraktiken Grenzen haben und man sich persönlich einbringt, sind für diese Projekte von großer Bedeutung.