Mitten in Barcelona liegt mit engen Gassen voller dunkler Gestalten das verrufene Viertel El Raval. Wo sich früher Matrosen mit Arbeiterfamilien die kleinen billigen Wohnungen teilten, prägen heute Migranten aus aller Welt das Bild. Und mit ihnen ihre Frisiersalons, denn jede der vielen Nationalitäten braucht natürlich ihre eigenen Friseure. Wer sie betritt, scheint Spanien zu verlassen und in Schutzräume für vertraute Rituale und heimatliche Erinnerungen und Sprachen aus aller Welt einzutauchen. Denn Friseure leben von ihren Stammkunden und ihrer fast seelsorgerischen Fähigkeit, ständig über alles und nichts zu reden oder dazu zu schweigen, während sie die Köpfe und Wangen der Mühseligen und Beladenen sanft berühren und beherzt verschönern. Doch da draussen im fremden Ausland tobt der Wandel, brüllen Presslufthämmer und tun sich gewaltige Baugruben auf. Die Stadt betreibt seit einigen Jahren eine radikale Umstrukturierung des Viertels. Man will das Viertel entkernen, aufwerten, die Kriminalität eindämmen und mit alledem letztlich die Bevölkerung dort austauschen. So werden die Frisiersalons der Migranten zu kleinen gallischen Dörfern, die den Wandel aussperren, während sie ihn doch in ihren Gesprächen widerspiegeln und ihm letztlich werden weichen müssen. (Quelle: Verleiher)