Die Berner Künstlerin Eva-Fiore Kovacovsky (*1980) erforscht in ihren Arbeiten die Eigenarten von Pflanzen und lotet deren vielfältiges formales Potential aus. Laubblätter oder Gräser werden im künstlerischen Gestaltungsprozess sortiert, verfremdet und manipuliert. Im Verweis auf die Natur schaffen die Arbeiten spannende Anknüpfungspunkte zu den im selben Raum präsentierten Werken von Sophie-Taeuber Arp und Hans Arp.
Seit der Antike ist die Natur ein wichtiger Leitfaden und ein Vorbild der bildenden Kunst. In idealisierten Darstellungen wurde sie zu verbessern und zu steigern versucht. Die Natur ist und bleibt Kunstschaffenden bis in die heutige Zeit eine vielfältige Inspirationsquelle. Auch die Künstlerin Eva-Fiore Kovacovsky orientiert sich an Naturphänomenen, selbst den Werkstoff für ihre Arbeiten findet sie in der Natur. Die Künstlerin nutzt organisches Material als Basis für ihr kreatives Schaffen und generiert abstrakte Bildwelten, in denen natürlich Gewachsenes und menschlich Konstruiertes eine reiz volle Verbindung eingehen.
Für die im Aargauer Kunsthaus präsentierte Werkgruppe der Fotogramme (2011-heute) verwendet Eva-Fiore Kovacovsky von Raupen zerlöcherte Laubblätter. In einer Farbdunkelkammer legt sie die Pflanzenteile wie Negative in den Halter des Farbvergrösserers und belichtet diese auf Fotopapier. Durch den Einsatz von Doppelbelichtung sowie durch Bewegen des Papiers und wechselnde Farbfilterkombinationen beeinflusst sie die Bildentstehung. Dabei fokussiert und vergrössert sie einzelne Blattdetails derart, dass die Raupenlöcher zu abstrakten Bildzeichen werden. Im Werk Linie (2013) überlagert sie die längliche Spur eines Raupenbefalls zu einer subtilen, seriell strukturierten Komposition, während in Doppelpunkt (2013 ) ein wiederholt aufs Papier gebanntes Blattloch wie Pinseltupfer anmuten, die in der Gesamterscheinung an ein Rorschachtestbild erinnern. Die Künstlerin erforscht die formalen Qualitäten des natürlichen Ursprungsmaterials bis hin zu den filigran verlaufenden Leitbündeln, die in Vergrösserung als feingliedriges Netz in Erscheinung treten. In unter schiedlichen Abstraktionsgraden und Formaten arbeitend, generiert Eva-Fiore Kovacovsky Werke von grosser Diversität. Bei der Entstehung der Bilder geht sie stets intuitiv vor und schafft in der Dunkelkammer Raum für Experimente und Zufall. So bestechen ihre Fotogramme durch ein spannungsreiches Wechselspiel von formaler Strenge und zufälliger Setzung. Nebst einer Auswahl an Fotogrammen zeigt die Künstlerin in Aarau einige ihrer Grasbücher, die an alte Pflanzenlexika anlehnen. Vom Naturselbstdruck inspiriert - einer alten Reproduktionstechnik, die eine äusserst exakte Wiedergabe der Pflanze gewährleistet – photokopierte sie gesammelte und gepresste Gräser in vielfältigen Strukturen auf die einzelnen Buchseiten. Organisches wird einem konzeptuellen Formenv okabular unterworfen.
Eva-Fiore Kovacovskys Arbeiten werden in der Sammlungspräsentation des Aargauer Kunsthauses Werken von Sophie Taeuber-Arp und Hans Arp gegenübergestellt. In Kovacovskys Entfalten einer Bildsprache, die zwischen konstruktiver und biomorpher Ausdruckweise angelegt ist , öffnet sich ein spannungsreicher Dialog zu den Werken dieser wichtigen Vertreter der Avantgarde.
Eva-Fiore Kovacovsky, 1980 in Bern geboren, lebt und arbeitet in Berlin und Amsterdam. Von 1996 bis 1997 besuchte sie den Vorkurs A der Schule für Gestaltung in Basel, wo sie von 1999 bis 2001 eine Ausbildung als Gestalterin absolvierte. 2006 schloss sie den Studiengang für Fotografie an der Gerrit Rietveld Academy in Amsterdam mit dem Bachelor für Freie Kunst ab.