Mit der Überblicksausstellung Ohne Achtsamkeit beachte ich alles. Robert Walser und die bildende Kunst thematisiert das Aargauer Kunsthaus die besondere Bedeutung, die der Schriftsteller für zahlreiche bildende Künstlerinnen und Künstler hatte und hat. Die Schau zeigt n eben zeitgenössischen Positionen Gemälde, denen man zu Robert Walsers Lebzeiten begegnen konnte.
Der 1878 in Biel geborene und 1956 in Herisau verstorbene Robert Walser ist im ausgehenden 20. Jahrhundert zu einer Schlüsselfigur der literarischen Moderne geworden, vergleichbar mit grossen Namen wie Franz Kafka, Robert Musil oder James Joyce. Der Schriftsteller hat sich in origineller Manier mit bildender Kunst auseinandergesetzt und über Malerei, Künstlerfiguren und den sich damals herausbildenden 'Kunstbetrieb' geschrieben. Sein umfangreiches Werk bildet einen massgeblichen Beitrag zur Herausbildung der modernen Wahrnehmungs-Ästhetik.
Sein Œuvre ist nicht nur für Schriftstellerinen und Schriftsteller von Bedeutung, sondern ebenso für das musikalische und bildkünstlerische Schaffen. Es ist das erklärte Ziel der Ausstellung im Aargauer Kunsthaus, die Vielfalt von Walsers Wirkung auf die bildenden Künste erstmals breit aufzuzeigen und exemplarisch zur Diskussion zu stellen. Um die kulturhistorische Tiefe des Phänomens auszuloten, gliedert sich die Präsentation in zwei Teile.
In einem Teil der Ausstellung liegt der Fokus auf zeitgenössischen nationalen und internationalen Kunstschaffenden, die sich mit unterschiedlichen Aspekten des Schweizer Schriftstellers bzw. seines Werks beschäftigen. Die Kraft, die von der Inspirationsquelle Robert Walser ausgeht, manifestiert sich in einer Fülle von künstlerischen Positionen. Für die Ausstellung konnten Arbeiten namhafter Künstlerinnen und Künstler wie Ian Breakwell (GB), Marie José Burki (CH), Dexter Dalwood (GB), Thomas Hirschhorn (CH), Heiner Kielholz (CH), Klaus Lutz (CH) , Markus Raetz (CH), Daniel Roth (D), Thomas Schütte (D), John Tremblay (USA), Rosemarie Trockel (D), Marcel van Eeden (NL) und Mark Wallinger (GB) gewonnen werden. Mit den ausgewählten Werken, die figürliche sowie abstrakte Malerei, Zeichnungen, Videoarbeiten, raumgreifende Installationen und Skulpturen umfassen, offenbart sich eine mediale Vielfalt.
Parallel zu den zeitgenössischen Positionen zeigt der historisch ausgerichtete Teil Gemälde, denen man zu Lebzeiten Robert Walsers an seinen Wohnorten in der Schweiz und in Berlin begegnen konnte. Der Kontrast zwischen den Bilde n der provinziellen Heimat und jenen der Weltstadt Berlin zu Beginn des 20. Jahrhunderts ist aufschlussreich: Auf der einen Seite beschauliche Landschaften des Berner Seelands, wie zum Beispiel von Philippe Robert oder Ernst Geiger, auf der anderen Seite avantgardistische Werke heute noch bekannter Künstler wie Lovis Corinth, Max Liebermann und Max Slevogt. Robert Walser hat diese, für die damalige bürgerliche Gesellschaft radikalen Bilder, in Berlin gesehen. Sie eröffneten ihm, dem sensiblen Beobachter, eine Welt, die nach vollkommen anderen Gesetzen funktionierte.
Die Ausstellung zeigt einerseits die Vielf alt von Robert Walsers Wirkung auf die bildenden Künste und lässt andererseits die den Schriftsteller Robert Walser umgebenden Bildwelten aufscheinen. Die beiden Bereiche sind nicht voneinander isoliert, sondern gehen ineinander über und ermöglichen interessante Dialoge zwischen Positionen der Gegenwartskunst und historischen Gemälden.