Im Jahr seines 85. Geburtstages würdigt das FILMFEST DRESDEN Jürgen Böttcher mit zwei Tribut-Programmen, in denen acht seiner wichtigsten Kurzdokumentationen vereint sind. Erstmals kommen sie in digital bearbeiteter Fassung auf die Leinwand. Die Programmpremiere findet in Kooperation mit der DEFA-Stiftung und den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden im Lichthof des Albertinum in Anwesenheit des Künstlers statt.
Das Albertinum nimmt die Würdigung Böttchers zum Anlass, dem Künstler und Filmemacher sowie den Protagonisten seines Dokumentationsfilms „Drei von vielen“ vom 22. März bis zum 19. Juni eine kleine temporäre Ausstellung zu widmen. Unter dem Titel „Fünf von vielen: Peter Graf, Peter Herrmann, Peter Makolies, A. R. Penck und Strawalde — Junge Dresdner Kunst vor 50 Jahren“ werden neben Böttchers eigenen Arbeiten auch Gemälde und Skulpturen seiner Weggefährten gezeigt. In einem Saal der Dauerausstellung im 2. Obergeschoss des Albertinum sind 18 Arbeiten der fünf Künstler zu sehen, die vorrangig in den 1950er und 1960er Jahren entstanden sind.
Jürgen Böttcher, der sich als Maler den Namen „Strawalde“ gab (nach seinem Geburtsort Strahwalde in der Oberlausitz), erlangte vor allem aufgrund seiner Dokumentarfilme Bekanntheit. Sein Film „Drei von vielen“, der erste, den er 1961 nach Abschluss seines Regiestudiums an der Deutschen Hochschule für Filmkunst in Potsdam-Babelsberg im Auftrag des DEFA-Studios für Dokumentarfilm drehte, bot schließlich die Inspiration zum Ausstellungstitel. Der Film, der das Leben und Schaffen der drei Autodidakten Peter Graf, Peter Herrmann und Peter Makolies zeigt, wurde als bürgerlich dekadent diffamiert und direkt nach seiner Fertigstellung verboten. Erst Ende der 1980er Jahre wurde er in der DDR erstmals öffentlich gezeigt. Einfühlsam schildert die Dokumentation den Berufsalltag und die künstlerischen Anfänge der drei jungen Männer kurz vor dem Bau der Mauer.
Die besagten „Drei“ lernte Böttcher im Zuge eines Zeichenkurses an der Volkshochschule in Dresden kennen, den er Mitte der 1950er Jahre leitete. Aus dieser Bekanntschaft entstand eine Freundschaft, aber vor allem ein künstlerischer Austausch. Auch Ralf Winkler (A. R. Penck) gehörte zu diesem Kreis. In Böttcher, der nur wenige Jahre älter war und als einziger ein Kunststudium an der Dresdner Akademie absolviert hatte, fanden Graf, Herrmann, Makolies und Winkler (denen ein Studium verwehrt blieb) ein Vorbild und einen Mentor, der sein Wissen und seine Lebenserfahrung als Künstler mit ihnen teilte und sie auf ihrem Weg ermutigte.
In Distanz zum sozialistischen Akademie- und Kunstbetrieb, aber nicht in Opposition zu der im Aufbau begriffenen sozialistischen Gesellschaft verdienten sie tagsüber ihren Lebensunterhalt als Steinmetz, Chemigraf oder Kraftfahrer. Ihre Werke schufen sie in ihrer Freizeit. Werke, in denen sich das Leben, Erfahrungen und die Hoffnungen einer jungen Generation in der Nachkriegszeit spiegeln.
„Schon lange haben wir geplant, Filme von Jürgen Böttcher zusammen mit seinen Gemälden im Albertinum zu präsentieren“, so Hilke Wagner. „Sehr gerne haben wir die Initiative des FILMFEST DRESDEN aufgegriffen, vier Dokumentarfilme in unserem Haus zu zeigen. Wir freuen uns, ergänzend dazu, dieser so bedeutenden Künstlergeneration um Jürgen Böttcher alias Strawalde eine temporäre Ausstellung widmen zu können.“