Die Nationalgalerie wird mit der Ausstellung "Gottfried Lindauer" erstmals das Werk eines Künstlers vorstellen, dessen sensationelles Werk noch niemals in Europa vorgestellt wurde und außerhalb von Neuseeland unbekannt ist. Nach langjähriger und vertrauensvoller Vorarbeit ist es gelungen, die Porträts der Maori für Berlin zu gewinnen. Mit der Ausstellung wird ein weiteres Kapitel der Kunstgeschichte des 19. Jahrhunderts aufgeschlagen, das die verschlungenen, sich um die ganze Welt spannenden Beziehungsgeflechte in den Fokus setzt.
Die bisher im Kontext zeitgenössischer Kunst entwickelten Fragestellungen des Ein- und Ausschlusses, um damit die Bedingungen der eigenen kulturellen Praxis zu befragen, sind hier von großer Relevanz, zeugen doch die Porträts der tätowierten Maori von einer echten und seltenen bikulturellen Wechselbeziehung und belegen die fruchtbare Begegnung zwischen sehr unterschiedlichen Menschen, Gesellschaften und Kulturen.
Gottfried Lindauer, 1839 in Pilsen (heute Republik Tschechien) geboren, ist einer der wenigen Maler des späten 19. Jahrhunderts, der sich in seinem Werk beinahe ausschließlich der Darstellung einer indigenen Bevölkerung, der Maori in Neuseeland, im Porträt und Genrebild widmete. Wir verdanken ihm ein präzises Bild vom Menschen der Maori-Kultur.
Gottfried Lindauer wurde an der Wiener Kunstakademie ausgebildet. Leopold Kuppelwieser, Josef von Führich und Carl Hemerlein waren seine Lehrer. Durch die populärer werdende Fotografie war die Auftragslage in Pilsen nicht sehr gut und es drohte zudem noch die Einberufung zum Militärdienst im ungarisch-österreichischen Krieg. Lindauer schiffte sich kurzentschlossen in Hamburg zur Auswanderung ein. Er erreichte im August 1874 den Hafen von Wellington in Neuseeland, siedelte in der Handelsstadt Auckland und traf hier auf seinen Förderer, den Geschäftsmann Henry Partridge, der die sterbende Maori-Kultur bewahren wollte. Lindauer starb 1926 hochbetagt in Woodville.