13.09.2009 - 31.01.2010
Nach der Begrüßung durch den Ersten Beigeordneten Albert Klein führt die freie Journalistin Eva-Maria Reuther in die Ausstellung ein.
Gezeigt wird ein Querschnitt von 70 originalen Vintage-Abzügen aus den Werken von: Max Baur (1898-1988), Theodor Ballmer (1902-1964), Walter Hege (1893-1955), Alfred Ehrhardt (1901-1984), August Kreyenkamp (1875-1950), Fritz Kühn (1910-1967), Werner Mantz (1901-1983), Albert Renger-Patzsch (1897-1966), Eberhard Schrammen (1886-1947).
In den späten 1910er Jahren vollzog sich ein jäher Umbruch, der sich auch in der Lichtbildkunst bemerkbar machte. Wie ein letzter sehnender Blick auf die bald endende Epoche des Jugendstils, oder auch auf den von der Malerei geprägten Piktoralismus, der vorzugsweise in Idyllen, Naturstücken und Veduten seine Sujets fand, so etwa stellt sich das Jahrzehnt vor dem Weltkrieg dar. Danach tollkühne Ernüchterung: Seltsame Sachlichkeit prägt von nun an den Blick. Geburtsstunde der wohl wichtigsten Kunstströmungen des 20. Jahrhunderts – maßgeblich zumal in der jungen Geschichte der Fotokunst. Stichworte wie ‚BauhausÂ’, ‚Neues SehenÂ’, ‚Neue SachlichkeitÂ’ seien hier erwähnt. Doch ist diese behauptete Neusachlichkeit wirklich sachlich und nicht vielmehr auf kühle Weise emotional, oder um ein anderes Wort zu verwenden, eher magisch bis zauberhaft.
Wichtige Vertreter dieser Ära wie etwa Blossfeldt, Sander, Renger-Patzsch oder auch Breslauer, Citröen, oder die Dadaisten Umbo und Raoul Hausmann sind heute fast jedem ein Begriff. Wer aber kennt den Baur, den Hege, den Kühn und den Mantz?
In deren Werken mischen sich der romantische und der rationale Blick zu einer einzigartigen Form des Sehens. Dieses Sehen einiger Lichtbildner der 20er Jahre ist zwar immer auch ein Wollen, doch mitunter sogar ein Nicht-Anders-Können. Mit dem Donnergrollen der Mobilmachung zum Zweiten Weltkrieg in den 30er Jahren kippt der Bildraum ins Erhabene. Heroen der Antike werden zitiert. Stilisierter als bei Baur wurden Pflanzen selten gesehen. Kühner als bei Mantz wurde Architektur bislang kaum studiert. Sein Licht erst gestaltet den Raum voller Nuancen zum Bauwerk. Wider Willen formt und schärft Hege seinen wehmütigen Blick an der Natur.
Die Sammlung photonet ist in Wiesbaden beheimatet und beinhaltet - neben den hier erstmals gezeigten Werken - über 200 Werke in Vintage-Qualität. Außerdem gibt es innerhalb der Sammlung ein Spezialgebiet: das Konvolut „Das Photogramm im 20. Jahrhundert“. Am Beispiel der in Wittlich ausgestellten 70 Werke wird ein neuer Streifzug durch die Epoche der Frühen Moderne gewagt. Diese „geronnenen Blicke“ sind Blatt für Blatt, Werk für Werk meisterlich, und man übertreibt gewiss nicht, wenn man sagt, sie wirken stilbildend.