Der Titel der Ausstellung "Land der Grafik" verweist auf den hohen Stellenwert, den die künstlerische Originalgrafik in Ostdeutschland zwischen 1950 und 1990 hatte. Es sind die Jahre der Existenz des Staates DDR und zugleich jene Jahre, in denen abseits der Akademiestandorte Dresden, Leipzig, Berlin und Halle eine der umfangreichsten privaten Grafiksammlungen Format annimmt: die Sammlung Rudolf und Ilse Franke in Erfurt.
Den Impuls des Spätexpressionisten und Gründungsmitglieds der Künstlergruppe "Jung-Erfurt " Otto Mehmel aufgreifend - von diesem hatte Rudolf Franke (1925-2002) im Jahr 1950 die erste Originalgrafik zum Geschenk erhalten -, widmete er sein Leben der bildenden Kunst.
Franke nutzte die Möglichkeiten des grafischen Mediums, indem er selbst künstlerisch tätig war, lehrte, Ateliers und Künstler besuchte, Ausstellungen organisierte, Vorträge hielt und als Sammler tätig war, international korrespondierte und über 50 Jahre lang zum "Fest der Augen" einlud.
Durch Rudolf Franke und die Mitglieder der "Erfurter Ateliergemeinschaft" (1963-1974) wurde Erfurt seit den 1960er Jahren erneut als Standort künstlerischer Druckgrafik für Künstler und Publikum interessant – ausgehend von einem kleinen Kreis liberal denkender Persönlichkeiten, für die die Freiheit der Kunst ein hohes Gut war.
Die aus 40 Jahren ausgewählten 40 Blätter bezeugen das Feingefühl, mit dem sich Franke grafischen Arbeiten näherte, sie zeigen aber auch die Vielfalt der gestalterischen Methoden und künstlerischen Ausdrucksmöglichkeiten in diesem Medium, die wir heute als ein Qualitätsmerkmal dieser Kunstepoche besonders schätzen.
Die Ausstellung stellt exemplarisch ein komplexes Kapitel deutscher Kunstgeschichte vor und versteht sich als Beitrag zum Ausstellungs- und Forschungsprojekt "Land der Grafik. Konjunktur eines Mediums in der DDR”, das im Herbst 2015 in verschiedenen deutschen Museen startet.