Foto: August Horch Museum Zwickau Erweiterung
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August Horch Museum Zwickau

Foto: August Horch Museum Zwickau
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Foto: August Horch Museum Zwickau Erweiterung
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Audistraße 7
08058 Zwickau
Tel.: 0375 27 17 380
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Öffnungszeiten:

Di-So 9.30-17.00 Uhr

125 Jahre Automobil - Pioniere der Kraftfahrt

25.03.2011 - 18.10.2011
In den nächsten sieben Monaten beteiligt sich das Zwickauer August Horch Museum am sogenannten Automobilsommer anlässlich des 125jährigen Automobil-Jubiläums und stellt in der neuen Sonderausstellung Pioniere und Querdenker wie Carl Benz, Gottlieb Daimler, Wilhelm Maybach und August Horch in den Mittelpunkt. Die Eröffnung nahm am heutigen Freitag der Geschäftsführer des Museums, Rudolf Vollnhals, in Anwesenheit der Teilnehmer des Zwickauer Automobil-Kolloquiums vor, das am gleichen Tag bereits Vorträge und Diskussionen zu den Pionieren der ersten Stunde, zu alternativen Antrieben seit 242 Jahren, zum Dampfantrieb für Straßenfahrzeuge sowie unter anderem zum Elektroantrieb in der Audi-Geschichte behandelte. Zu sehen sind acht seltene Fahrzeuge aus der Jahrhundertwendezeit, wie der Benz-Patent-Motorwagen Nr. 1 von 1886, der Patent Motorwagen Benz "Victoria" von 1896, der Daimler Stahlradwagen von 1889, der Leon Bollee Voiturette von 1896, der Lutzmann-Patent-Motorwagen Nr. 3 Pfeil von 1896, der Marcus-Wagen von 1888/89, sowie der Panhard & Levassor Phaeton-Tonneau von 1894 und viele kleinere Exponate. Vergessene Pioniere Die Erfindung des Automobils war die praktische Lösung, motorische Kraft in eine Bewegung umzusetzen. Der Weg dahin ist teilweise recht nebulös und von Legenden umrankt, die durch ungenaue Erfassung der tatsächlichen Leistungen und subjektiv eingefärbte Betrachtungsweisen entstanden. Nicht an Benz und Daimler scheiden sich in der ganz frühen Phase die Geister, sondern an Personen, bei denen das Ergebnis ihrer schöpferischen Arbeit heute keiner historischen Überprüfung standhält, weil wir über kein bestätigtes Wissen verfügen. Da aber dem Historiker die Aufgabe zufällt, hier die Spreu vom Weizen zu trennen, sind diese frühen Tüftler - die vergessenen Pioniere - in der Zwickauer Sonderausstellung bewusst vertreten. Viele Enthusiasten sahen über Jahrzehnte den automobilen Ursprung im Gefährt des Wiener Mechanikers Siegfried Marcus, der bereits 1875 mit einer eigenen Konstruktion gefahren sein soll. Tatsächlich tauchte dieser Wagen erst 1898 bei einer Ausstellung in Wien auf, Beweise für eine frühere Fahrt wurden bis heute nicht gefunden. Das gilt auch für Julius Söhnlein, von dem die Geschichte berichtet, dass er im Sommer 1873 einen Zweitaktmotor mit Verdichtung in einen Ziegenbockwagen eingebaut und damit Fahrversuche unternommen haben soll. Von ihm existieren eingetragene Patente auf Gas- und Petroleumkraftmaschinen, aber keines, was mit dem besagten Kraftfahrzeug in Verbindung gebracht werden könnte. 1912 bat er in einem Schreiben an einen vermeintlichen Zeitzeugen um eine Bestätigung. Dritter im Bunde war der Mechaniker Louis Tuchscherer aus dem Erzgebirge, dessen kreatives Schaffen für den industriellen Aufstieg dieser Region von Bedeutung war. Nach einer Tätigkeit als Schlosser in einer nahegelegenen Webstuhlfabrik gründete er 1867 eine eigene Werkstatt in der er eigene Erfindungen (Schrotmühle, Holzzerspalter) verwirklichte. 1880 soll er erste Fahrten in Chemnitz mit einem Kraftfahrzeug unternommen haben, angetrieben von einem Zweitaktmotor. Er soll auch Carl Benz zum Einsatz des Zweitaktmotors inspiriert haben. Es gibt zwar Fotos von seiner "Kutsche ohne Pferde", aber keine verlässlichen zeitgenössischen Quellen mit denen sich eine exakte historische Einordnung vornehmen ließe. Der Durchbruch der Basispioniere Die Geschichte des Kraftfahrzeuges ist ein Zusammenspiel verschiedener Erfindungen unterschiedlicher Nationen zu unterschiedlichen Zeitepochen, die auch unterschiedlich bewertet und beansprucht wurden. Geht man vom griechischen Wort "Automobilis" (selbstbeweglich) aus, so definiert dieses Wort den Anspruch an ein Gefährt dieses Namens. Viele Tüftler und Bastler haben mit ihren Konstruktionen und Erfindungen den Weg zu dieser epochemachenden industriellen Entwicklung geebnet und vorbereitet, aber der entscheidende Schritt blieb 2 Deutschen vorbehalten - Carl Benz und Gottlieb Daimler. Unabhängig voneinander bauten sie in Mannheim und Bad Canstatt die ersten Fahrzeuge mit Benzinmotor, die den Kriterien entsprachen, nach denen ein Automobil definiert und bewertet wurde. Als Geburtsstunde des wirklichen Automobils gilt der 29. Januar 1886 als Carl Benz das Reichspatent Nr. 37 435 für seinen Motorwagen einreichte. Die technische Eigenständigkeit des Benz Patent Motorwagens Nr. 1 machte ihn zum ersten "Auto" der Welt. Andere Erfinder haben lediglich einen Verbrennungsmotor in ein vorhandenes Kutschenfahrgestell eingebaut. Benz hingegen war sich bewusst, dass ein solches Gefährt anderen technischen Gesetzen folgt als eine Pferdekutsche und hat die Konstruktion dementsprechend angepasst. Bereits 1893 folgte der vierrädrige "Benz - Victoria", der eine Reihe von Innovationen enthielt, darunter die Achsschenkellenkung. Das moderne Automobil war geboren! Während Benz ein völlig neues Verkehrsmittel entwickeln wollte, bei dem alle Komponenten aufeinander abgestimmt waren, ging es Gottlieb Daimler und seinem Chefkonstrukteur Wilhelm Maybach mehr um einen leistungsfähigen Motor, der 1887 in einen hölzernen Kutschwagen eingebaut wurde. Die erste Schöpfung der beiden war 1885 ein Motorrad (Daimler Reitwagen), angetrieben von einem Einzylinder-Viertakt-Verbrennungsmotor, "der Standuhr". Im Wesentlichen benutzen alle drei Konstrukteure den von Nikolaus Otto 1876 entwickelten Viertaktmotor. Das Automobil lernt das Laufen Deutschland gilt mit Recht als das Geburtsland des Automobils, die Erfindung allein ist allerdings noch kein Garant für einen stetigen Fortschritt. Dieser wurde in Deutschland durch die ablehnende Haltung der Bevölkerung und ihrer Obrigkeit und durch das Festhalten an überholten Konstruktionslösungen (Glührohrzündung, Riemenantrieb) nicht gerade förderlich beeinflusst. In Frankreich stand man der neuen Erfindung viel aufgeschlossener gegenüber. Panhard und Levassor, ursprünglich Lizenznehmer der Daimler Motorengesellschaft, beschritten 1891 neue Wege mit einer Triebwerksanordnung, die beispielhaft für die nächsten Jahrzehnte werden sollte: Motor - Getriebe - Hinterradantrieb. Die veränderte Gewichtsverteilung sicherte eine bessere Bodenhaftung als bei den leichten Benz Wagen. Kaum ein Zeitabschnitt hat so viele Erfindungen und Neuentwicklungen hervorgebracht wie die Jahre zwischen 1885 und der Jahrhundertwende (Kardanwelle, Front- und Allradantrieb, Benzineinspritzung, Hochspannungszündung, Druckumlaufschmierung, Innenbackenbremse). Diesen Fortschritten stand eine bemerkenswert konservative Denkweise bei der Fahrwerksauslegung und Aufbaugestaltung gegenüber, mit der die Autofabrikanten die "Tradition" der Wagenbauer fortsetzten. Denn ein großer Teil der für Pferdewagen gemachten Erfindungen fand erst Jahrzehnte später Eingang in den Automobilbau (Vierrad- und Hydraulikbremse, Knicklenkung, Luftbereifung, Zentralrohrrahmen und Drehstabfederung). Dagegen wurden Achsschenkellenkung, Vollgummibereifung, Blatt- und Spiralfedern, Außenbandbremse, Fuß- und Handbremsbetätigung durch Pedal und Hebel sofort oder nach kurzer Zeit übernommen. Die Übernahme des Kutschwagenbaus führte bei den Motorwagen zu abenteuerlichen Fahreigenschaften mit hoher Unfallgefahr. 1896 wird der junge August Horch von Carl Benz zum Betriebsleiter des Motorenwagenbaus der Firma Benz & Co in Mannheim ernannt. Die Kreativität Horchs stieß bei dem damals 52-jährigen Benz allerdings auf wenig Gegenliebe, und so verließ er 1899 das Unternehmen und machte sich in Köln selbstständig. Zuerst reparierte August Horch dort in einer kleinen Werkstatt Benz-Motorwagen. Aber schon zwei Jahre später brachte er sein erstes selbst entwickeltes Automobil heraus. Ein weiterer Pionier des modernen Automobilbaues hieß Wilhelm Maybach. Dieser schuf im Jahre 1901 ein neues Fahrzeug mit verlängertem Radstand und niedriger Schwerpunktlage, das neben den besseren Fahreigenschaften auch einen Motor noch nie dagewesener Leistung besaß (35 PS). Mit dem Auftritt des "Mercedes" begann die Geschichte des modernen Automobilbaues. Er war der Wendepunkt einer umwälzenden Entwicklung und wurde zum Maßstab einer weltweiten Industrie, die ihre Ideen und Anregungen aus dem Mercedes schöpfte und ableitete. Die von Benz und Daimler erbrachten Nachweise über die von ihnen geschaffenen "Selbstfahrer" fanden allenfalls lokale Beachtung, von Beifall ganz zu schweigen. Im wilhelminischen Deutschland fanden sich auch in den darauffolgenden Jahren kaum Kunden, nur wenige Enthusiasten konnten dem Betrieb eines Motorwagens etwas Freude abgewinnen. Bevor das Automobil seinen Siegeszug um die Welt antrat vergingen Jahre, Jahre in denen es als Teufelszeug beargwöhnt und angefeindet wurde. "Das Automobil ist der Anarchist unter den Gefährten. Es rast, Schrecken verbreitend durch die Welt, losgelöst von althergebrachten Gesetzen. Kein Schienenstrang schreibt ihm die Wege vor, keine Pferdelunge zwingt ihn zu einem vorgeschriebenen Tempo. Es ist der Herr der unbegrenzten Möglichkeiten, sein Lenker spottet jeder Fahrordnung, für ihn gibt es nur ein Gesetz und das ist sein eigener Wille". (Hermann Glaser - Das Automobil, Eine Kulturgeschichte in Bildern) Seit über 100 Jahren gehört das Auto zu den ganz wenigen Produkten, deren Faszinationskraft sich ständig erneuert, denn die Überwindung von Raum und Zeit, der Traum von der Mobilität des einzelnen prägt jede heranwachsende Generation aufs Neue. In 125 Jahren entstanden rund um den Globus mehr als 2,4 Milliarden Pkw.

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