Foto: August Horch Museum Zwickau Erweiterung
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August Horch Museum Zwickau

Foto: August Horch Museum Zwickau
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Foto: August Horch Museum Zwickau Erweiterung
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Audistraße 7
08058 Zwickau
Tel.: 0375 27 17 380
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Öffnungszeiten:

Di-So 9.30-17.00 Uhr

Rivalen am Steuer – Glanzlichter aus 40 Jahren Formelrennsport in der DDR

24.10.2008 - 01.03.2009
Seit heute sind im August Horch Museum in Zwickau bekannte und berühmte Meisterstücke aus vier Jahrzehnten DDR Rennsportgeschichte zu bestaunen – allesamt erhalten gebliebene Einzelstücke und Prototypen. Mit ihnen konnten sich ihre Erbauer und insbesondere ihre Fahrer einen unverrückbaren Platz in der Motorsportgeschichte erkämpfen und nicht zuletzt auch in den Herzen und Erinnerungen der Zuschauer sichern. Zur Eröffnung der Ausstellung – die Museumsgeschäftsführer Rudolf Vollnhals zusammen mit dem Organisator Helmut Tschernoster aus Dresden vornahm – gaben sich zudem die Kinder einstiger Rennfahrerpersönlichkeiten die Ehre. So schufen unter anderem Jürgen Barth, Inge Greifzu und Ralf Klodwig mit ihren einmaligen, persönlichen Erzählungen eine ganz besondere Atmosphäre. Sie machte den Tag zu einem Höhepunkt in der Museumsgeschichte, wurde doch eine Entwicklung lebendig, die von so viel Schwierigkeiten, Mühen und Improvisation begleitet war, aber von um so mehr Tatkraft, technischen Spitzenleistungen und großen Erfolgen vorangetrieben wurde. Dies zeigte auch ein Vortrag Helmut Tschernosters, der die etwa 100 beeindruckten Eröffnungsgäste an die Zeichenbretter der Entwickler und in die Werkstätten der Bastler genauso mitnahm wie auf die Rennstrecken der damaligen Zeit. Rennfahren war ihr Leben. Basteln ihre Leidenschaft. Aus dem Wartburgmotor machten sie ein Raubtier. Mit wenig Geld, aber umso mehr Geschick und Leidenschaft – Motorsportler in der DDR. Schleizer Dreieck, Hohenstein-Ernstthal, Sachsenring - Namen, bei denen die Motorsportfans der einstigen DDR leuchtende Augen bekommen. Die Fans bejubelten die AWEs der Automobilwerke Eisenach, die Porsche Paroli boten, sie drückten den Eigenbauten aus dem Hause Melkus die Daumen und feierten den TR Spider als schnellsten in der DDR sowie Stars wie Ulli Melkus. In der Identifikation mit den vergangenen Jahrzehnten sind im August Horch Museum nun hochinteressante Ausstellungsstücke zusammengetragen, die darauf warten, bestaunt zu werden: Formel II Krause/Reif von 1949: Dieser Rennwagen, von Rudi Krause aus Reichenbach und Erich Reif aus Chemnitz entwickelt, war bis 1954 im Einsatz. Rudi Krause belegte mit ihm stets vordere Plätze. Motorseitig war der 130 PS starke, legendäre Vorkriegs-BMW 328 die Basis für den Eigenbaurennwagen, der Rahmen wurde vom BMW Sport 315/1 von 1936 übernommen. Die Karosserie steuerte der Eisenacher Designer Georg Hufnagel bei. Der Rennfahrer Rudolf Krause war 1951/ 52 und 53 Deutscher Vize-Meister und 1954 DDR Meister in der Formel II. Mit dem ausgestellten Wagen erreichte er 230 km/h Höchstgeschwindigkeit. Das Fahrzeug wurde aufwändig restauriert, befindet sich noch im Familienbesitz und wird bei historischen Rennsportveranstaltungen eingesetzt. Formel II Klodwig Ernst Klodwig aus Aschersleben schenkte seinen Söhnen in den 40er Jahren das Modell eines Auto Union Rennwagens Typ D. Nach dem Krieg entlieh er sich dieses Spielzeugauto – das die Besucher ebenfalls in Augenschein nehmen können – um damit nach der Auto Union Konzeption einen 2-Liter-Rennwagen zu bauen. Mit diesem BMW-Heck Eigenbau kam er bei nationalen Rennen (Avus, Nürburgring etc.) regelmäßig unter die ersten Drei. Insgesamt zählte Ernst Klodwig in den frühen 1950er Jahren zu den besten Rennfahrern der DDR. AWE-Rennsportwagen 1,5 l: Um die Leistungsfähigkeit der sozialistischen Industrie zu beweisen, wollte die DDR Anfang der 50er Jahre auch im Straßenrennsport mit dem Westen mithalten. Der bis heute umstrittene, aus dem Westen übergesiedelte Dr. Ernst Ring wurde mit dem Aufbau eines Rennkollektivs betraut, das in Johannisthal bei Berlin angesiedelt war. Die schnell erreichten Geschwindigkeitsrekorde führte er der Staatsführung als Ergebnis des guten Materials der volkseigenen Industrie vor. Dr. Ring verschwand, als Hochstapler durch die Stasi verhaftet. Das Rennkollektiv aber blieb und wechselte 1953 zum Eisenacher Motorenwerk EMW, wo es seine größten Erfolge feiern sollte. Wagen wie der ausgestellte AWE-Rennsportwagen waren zu ihrer Zeit Weltspitzenerzeugnisse, und es wurde sogar ein Geschwindigkeitsweltrekord erzielt. 1956 lieferten sich, wie schon ein Jahr zuvor, Porsche und das nun wie das Werk AWE betitelte 120 Mann starke Thüringer Team harte Duelle. Beim letzten Start der DDR-Silberpfeile am 23. September 1956 in Dessau waren die Ost-Wagen jedoch unter sich. Mit dem Sieg von Barth (vor Rosenhammer und dem Eisenacher Nachwuchsfahrer Paul Thiel) endete die DDR-Straßenrennsportgeschichte auf Weltniveau. Weil das AWE-Rennkollektiv Kapazitäten und Geld band, die Rennwagen aber technisch nichts mit dem nun im Werk produzierten Wartburg zu tun hatten, wurde das Rennkollektiv im April 1957 aufgelöst. AWE Rennmotor Formel I Typ 125 von 1954/56: Ein besonderes Highlight ist der zwischen 1954 und 1956 beim Automobilwerk Eisenach entwickelte Formel I Rennmotor Typ 125. Die V 6-Konstruktion aus Leichtmetall besitzt vier oben liegende Nockenwellen, welche die jeweils zwei Ventile pro Zylinder betätigen. Sechs von der Berliner Vergaserfabrik entwickelte Fallstromvergaser sorgen für genügend Kraftstoffzufuhr. Der für den R3-Monoposto-Rennwagen bestimmte Motor brachte bei einem Hubraum von 2,5 Litern 256 PS Leistung. Das Aggregat ist in der Sammlung der Technischen Universität Dresden erhalten geblieben. Melkus Formel III von 1964: Schlank und elegant präsentiert sich der Melkus F III von 1964 mit Melkus-Gitterrohrrahmen,3-Zylindern / 1000 ccm, 5-Gang Getriebe, Karosserie aus Aluminiumblech und einer Maximalgeschwindigkeit von 220 km/h. Von den etwa 20 gebauten Rennwagen sind 5 Stück übrig geblieben. Allein 20 Stück dieses Typs wurden in die damalige Sowjetunion exportiert. Bis auf wenige Ausnahmen fuhren alle Spitzenfahrer der DDR dieses Modell. Später erfolgte durch den DDR-Meister Wolfgang Küther der Einbau eines Lada-Motors. Das ausgestellte Fahrzeug wurde von Dietmar Graupner aus Annaberg-Buchholz gefahren und befindet sich noch heute in seinem Besitz. SEG Formel III: 1960 entstanden in Anpassung an die politischen Forderungen unter Leitung von Willy Lehmann und Siegfried Seiffert die so genannten ,,Sozialistischen Entwicklungsgemein- schaften Rennsport", deren Fahrzeuge später mit der Bezeichnung SEG-Wartburg versehen wurden. Der SEG-Rennwagen war das Gegenstück zum Melkus F III. Von diesem Modell wurden 5 Chassis gebaut. Komplettiert wurden vier Rennwagen – ein Chassis blieb Reserve. Der Koordinator Siegfried Seifert verunglückte schwer, wobei sein Rennwagen vollkommen zerstört wurde. Daraufhin wurde das fünfte Chassis von ihm aufgebaut. Bei dem ausgestellten Rennwagen handelt es sich um genau diesen Wagen. Noch heute wird er beim Classic Cup eingesetzt. TR-Spider von 1975: Unter den gezeigten Exponaten ist unter anderem der TR Spider von 1975 – das einzige in der DDR gebaute Monocoqe-Chassis und zugleich der schnellste 2sitzige Rennsportwagen, der je in der DDR gebaut wurde. Ausgestattet mit einem Renault-Motor, fuhr damit unter anderem die einzige DDR-Rennpilotin Helga Heinrich, die selbst zur Ausstellungs-Eröffnung anwesend war. Der rot-blau-weiße „Porsche der DDR“ (1600 Kubik, 100 PS, 200 km/h), entwickelt von Flugzeugbauer Helmut Tschernoster aus Boxdorf bei Dresden, ist ein Unikat. Er entwarf das Auto und setzte es 1974/75 aus selbstgebauten Teilen zusammen. Bis 1979 fuhr der Wagen z.B. auf dem Schleizer Dreieck gegen sieben DDR-Spider (u.a. mit Ulli Melkus am Steuer). Jan, der Sohn des Konstrukteurs, holte den Wagen unlängst wieder hervor und baute ihn in 2000 Stunden auf. Jan: Ich werde damit wieder Rennen fahren. Das Design ist noch heute Spitze.“ In der DDR wurden nur 10 Spider gebaut. Drei sind erhalten geblieben.

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