01.07.2011 - 31.01.2012
Eines der bekanntesten zivilen Amphibienautos, der in Deutschland konstruierte und gebaute Amphicar, feiert in diesem Jahr seinen fünfzigsten Geburtstag. Umgeben von einigen weiteren "Zwittern" aus dem militärischen Sektor wie dem legendären VW-Schwimmwagen Typ 166 und einem GAZ-Schwimmwagen Typ 46 präsentiert sich der rüstige Veteran im Rahmen einer kleinen Sonderausstellung den Besuchern im Auto & Technik MUSEUM SINSHEIM.
Wenn ein Auto auf einem Fluss oder See schwimmt, ist nicht immer das Navi schuld, das dem Fahrer eine nicht vorhandene Brücke vorgegaukelt hat. Es gibt auch Fahrer, die ihr Gefährt mit voller Absicht ins Wasser lenken und sich über die erschrockenen Gesichter von Augenzeugen amüsieren. Wenn sie nicht nach wenigen Minuten untergegangen sind, sitzen sie in einem schwimmfähigen Auto, einem sogenannten Amphibienfahrzeug. Bei denen treibt der Motor nicht nur die Räder an, sondern bei Bedarf auch die am Heck montierte Schiffsschraube. Eines der bekanntesten Modelle ist der Amphicar.
Die Vision vom schwimmfähigen Auto ist fast hundert Jahre alt. Als erster in Deutschland hatte sie 1916 der Konstrukteur Ludwig Zeiner verwirklicht. Sein "Hydro-Automobil" genannter Schwimmwagen war an Land beachtliche 75 km/h schnell, im Wasser immerhin noch 20 km/h. Im Zweiten Weltkrieg wurde erstmals eine größere Anzahl von Amphibienfahrzeugen für das Militär produziert. So entstanden z.B. unter der Regie des Schwimmwagen-Spezialisten Hanns Trippel im Bugatti-Werk in Molsheim / Elsaß zwischen 1940 und 1944 etwa tausend Trippel SG 6 für die deutsche Wehrmacht. Als Antrieb diente der 2,5-Liter-Sechszylinder (40 kW/55 PS) aus dem Opel Kapitän. Im Volkswagen-Werk Wolfsburg begann 1942 die Produktion des von Ferdinand Porsche konstruierten Schwimmwagens Typ 166, von dem bis 1944 insgesamt beachtliche 14.283 Exemplare gebaut wurden. Die Soldaten schätzten ihn weniger wegen seiner eher fragwürdigen Schwimmtauglichkeit als vielmehr wegen seines Allradantriebs und der hervorragenden Geländegängigkeit. In Russland entstand zur gleichen Zeit bei der Firma GAZ mit dem Schwimmwagen Typ 46 ein vergleichbares Fahrzeug.
Nach Kriegsende entschloss sich Hanns Trippel seine Kenntnisse für den Bau eines zivilen Amphibienautos zu nutzen. Der Prototyp debütierte im März 1959 unter dem Namen "Alligator" auf dem Genfer Automobilsalon. Die Serienproduktion des jetzt "Amphicar" getauften Fahrzeugs lief im Juni 1961, also vor genau 50 Jahren, im Werk Lübeck-Schlutup der Industriewerke Karlsruhe und bei der Deutschen Waggon- und Maschinenfabrik in Berlin an. Schon vier Monate später begann der Export in die USA, die bis zur Produktionseinstellung 1965 rund die Hälfte der etwa 3 500 gebauten Exemplare abnahmen.
Ein 1,2-Liter-Reihenvierzylinder mit 28 kW/38 PS aus dem britischen Triumph Herald trieb die Hinterräder des Amphicar an und aktivierte auf dem Wasser zwei Heckpropeller aus Polyamid. Das zweisitzige Cabriolet mit zwei Notsitzen lief auf der Straße 115 km/h und auf dem Wasser etwa 12 km/h. Dass er auch hochseetauglich war, demonstrierte der Amphicar 1962 mit der erfolgreichen Überquerung des Ärmelkanals. Berichtet wurde ferner von einem furchtlosen Berliner Ehepaar, das mit ihm von Italien nach Elba geschippert sein soll.
Trotz seines moderaten Preises von anfangs 10 .500 DM (5 .368 Euro) erwies sich der Amphicar als wirtschaftlicher Misserfolg. Daran änderte selbst eine Preissenkung auf 8 .385 DM im April 1963 nichts mehr. Die letzten Exemplare sollen gar für weniger als 5 .000 Mark verramscht worden sein. Von solchen Discount-Preisen können Interessenten heute nur träumen: Ein Amphicar im Spitzenzustand kann mittlerweile bis zu 60.000 Euro kosten!