Schon lange bevor sich eine Polizei im modernen Sinne entwickelte, wurde nach Menschen oder Gegenständen gefahndet. Der wirtschaftliche Erfolg antiker Gesellschaften basierte zu einem großen Teil auf dem Einsatz von Zwangsarbeit und Sklaven. Deshalb ist es wenig verwunderlich, dass in einem der frühesten noch erhaltenen Steckbriefe nach zwei entlaufenen Sklaven gesucht wird.
In einem Steckbrief aus der Ptolemäerzeit (datiert auf ca. 180 oder 156 v. Chr.), der in Memphis gefunden wurde, wird nach zwei in Alexandria entwichenen Sklaven gefahndet, die sich gemeinsam auf der Flucht befanden. Aufgegeben wurde der Steckbrief in Alexandria. Vermutlich gingen Abschriften in alle wichtigen Städte und Provinzen. Zur Identifizierung der beiden Gesuchten wurden nicht nur Kleidung und gestohlene Wertsachen beschrieben, sondern auch unveränderliche Kennzeichen wie Narben und Tätowierungen. Bemerkenswert ist eine mehrstufige Prämie bei der Ergreifung, die später noch einmal – wohl nach erfolgloser Fahndung – von fremder Hand erhöht wurde.
In Rom z.B. hing man Fahndungslisten traditionell am Forum aus. Die gesuchten Personen wurden zudem von einem Ausrufer publik gemacht. Die ersten historisch belegten Proskriptionen erfolgten unter der Diktatur von Lucius Cornelius Sulla (um 138 – 78 v. Chr.) in der Spätphase der römischen Republik.
Die Umwälzungen, die durch die Französische Revolution von 1789 ausgelöst wurden, werden manchmal auch an kleinen Details sichtbar. So ist ein Steckbrief, mit dem nach noch flüchtigen Mitgliedern der Schinderhannes-Bande gesucht wird, auf den 21. Messidor im 10. Jahr der „fränkischen Republik“ datiert. Zu ihr gehörte damals auch das „Ruhr-Departement“, das im Zuge der Kriege, die von den deutschen Staaten und der Habsburger-Monarchie gegen die französische Revolutionsarmee geführt wurden, von Frankreich annektiert worden war. Das Datum entspricht dem 10. Juli 1799.
Das Bild des klassischen Steckbriefs ist zweifellos von jenen Fahndungsblättern geprägt, die mit dem „Wilden Westen“ verbunden werden. Kopfgeldjäger und Outlaws haben die Vorstellung vom Steckbrief maßgeblich geprägt, auch wenn dieses Bild vor allem durch Filme und Romane vermittelt wurde und nur in den seltensten Fällen durch echte Fahndungsaufrufe aus den USA des 19. Jahrhunderts
Bis heute nutzt die Polizei Fahnungsplakate, um damit die Bevölkerung in die Suche nach Verbrechern und Flüchtigen mit einzubeziehen. Vieles wird heute auch über das Internet publiziert, aber es gibt sie noch, die klassischen Steckbriefe.