Einem Plädoyer für die Gebrauchsgrafik kommt die nächste, ab dem 29. Juni 2013 auf Burg Beeskow gezeigte Ausstellung gleich. Rudolf Grüttner, einer der bekanntesten und versiertesten Vertreter seines Fachs, will dabei vor Augen führen, wie hoch der Anspruch und wie gelungen das Ergebnis einer Kunstform sein kann, die oft unterschätzt wird.
Wenn der ehemalige Dozent und Rektor der Kunsthochschule Berlin-Weißensee auf sein Arbeitsleben zurückblickt, schaut er über das vielsagende weite Feld, das ihm sowohl fruchtbarer Acker als auch Ebene der Mühe war. Stets betonte Prof. Grüttner den außerordentlichen Stellenwert der Gebrauchsgrafik, sah hier die Chance einer geglückten kommunikativen Kunst, was sowohl für das Ergebnis als auch für den Schaffensprozess selbst galt. Wollte der Gebrauchsgrafiker eine Idee umsetzen, hatte er sich auf die Herausforderungen des Alltags einzulassen, denn die Verantwortung lastete auf den Schultern vieler. Diese grundlegende Erfahrung – dass es vor allem einer integrativen praxisbezogenen „künstlerischen Weltsicht“ bedarf – versuchte Rudolf Grüttner an der Berliner Hochschule mit ihren neun Fachgebieten zu vermitteln.
Seine Grundsätze formulierte er aber auch in seinen eigenen Arbeiten konsequent aus: diese sind eindringlich, markant, ästhetisch auf das Wesentliche reduziert und zugleich mit leisen Untertönen versehen. Zu erwähnen seien hier vor allem seine zahlreichen Kultur- und politischen Plakate, von denen in DDR-Zeiten allein 36 zu den 100 „Besten Plakaten des Jahres“ gezählt wurden, Entwürfe für Schallplatten-Covers für die drei in der DDR ansässigen Hersteller Litera, Amiga und Eterna (1962-1972), die Gestaltung der achtbändigen Gesamtausgabe von Franz Fühmann für den Hinstoff-Verlag Rostock und der neunbändigen Edition des Werkes von Fritz Reuter für den Konrad Reich Verlag Rostock, seine Literaturkalender für den Aufbau-Verlag Berlin (1966-1986).
Als ein renommiertes Vorhaben sieht Rudolf Grüttner die von ihm gestaltete Ausstellung zum 500. Geburtstag von Martin Luther im Jahre 1983 an. Dieses Projekt noch einmal zu präsentieren, bestärkte seinen Wunsch, aus Anlass seines 80. Geburtstages und unterstützt von Dieter Leber als Kurator in Beeskow auszustellen. Neugierig auf seine Retrospektive macht bereits das von ihm selbst entworfene Ausstellungsplakat: Es zeigt das Wahrzeichen der Burg, den Bergfried, als eine vom Künstler in Beschlag genommene Litfaßsäule.