Mein Museum hat keine Wände“ erklärt Meschac Gaba, es ist „kein Model … es ist nur eine Frage“. Seine zwölf Räume umfassende Installation ist das größte Einzelwerk, welches von der Londoner Tate für ihre Sammlung bisher angekauft wurde. Das „Museum of Contemporary African Art“ hat keinen permanenten Standort, sondern wurde temporär in den unterschiedlichsten Varianten in Museen auf der ganzen Welt gezeigt. Nun sind sieben Räume des wegweisendenden Werkes als Auftakt der Kooperation zwischen Deutsche Bank KunstHalle und Tate Modern erstmals in Berlin zu sehen. Für diese Präsentation wurde vom Künstler eigens eine Fahne für das Museum of Contemporary African Art in Berlin realisiert. Gaba begann die Arbeit an diesem Projekt zwischen 1996 und 1997 während seiner ersten Zeit in Europa als Stipendiat an der Rijksakademie in Amsterdam. Die Motivation für sein eigenes Museum war nicht zuletzt die vorherrschende Auffassung, dass zeitgenössische afrikanische Kunst schlichtweg nicht existierte.
Im ähnlichen Ansatz wie wichtige Vertreter der „Relational Arts“, etwa der USAmerikaner Felix Gonzalez- Torres oder der Thailänder Rirkrit Tiravanija, schuf Gaba bereits zu dieser Zeit im Ausstellungskontext Situationen und Orte für soziale Begegnungen, bei denen die Bedeutung eines Objekts erst im Zusammenspiel mit dem Besucher „aktiviert“ wird. Auch er erweiterte den Grenzbereich zwischen Kunst, Architektur und Design. Gaba sah sein Werk von westlichen Kuratoren nur zögerlich in diesem Zusammenhang wahrgenommen. Zugleich konnte Gaba sich nicht vorstellen, seine eigene Arbeit ohne weiteres in den Kanon westlicher Museen zu integrieren: „Ich brauchte einen Ort für meine Arbeit, weil dieser noch nicht existierte.“ Als erster Raum entstand zunächst der „Draft Room“, der wie ein Vorentwurf für sein Museum erscheint. Eine Kühltruhe mit rabattierten Hähnchenteilen, vergoldete Brotlaibe, abgelaufenes Essen, einen einfachen Geldwechslertisch und entwertete, in Punkte gestanzte Banknoten aus Benin werden zum Kauf angeboten: Gaba spielt hier auf den Überfluss der westlichen Wirtschaft an, in der Dinge eingefroren werden und dann verschwenderisch verfallen, während in seiner Erfahrung sogar Hühnerfüße konsumiert werden. Gaba nutzt hier Geld als ein Material, um die Struktur darzustellen, die Werte in der Kunst, der Kultur und darüber hinaus festlegt. Inspiriert durch seine eigene Realität zwischen Holland und seinem Geburtsland Benin in Westafrika hinterfragt Gabas Museum spielerisch die unterschiedlichsten Beziehungen: zwischen Afrika und dem Westen, dem Lokalen und dem Globalen, Kunst und Alltag. Themen wie Globalisierung, Ökologie, Religion oder Macht übersetzt er in eine eigene Bildsprache, die in den unterschiedlichen Räumen immer wieder neu erfahrbar wird. Im „Architecture Room“ kann der Besucher mit hölzernen Bausteinen sein eigenes Museumsgebäude entwerfen. Zugleich verdeutlicht eine stilisierte Leiter, wie dieses Projekt bis zu seinem offiziellen Abschluss 2002 wuchs. Auf jeder Plexiglassprosse sind die Kuratoren und Institutionen verewigt, die das Museum beherbergten. Auf einem Schreibtisch liegen Banknoten, die Gesichter von Persönlichkeiten aus dem Bereich Kunst und Architektur zeigen. Er fungiert als „Künstlerbank“, während selbstgefertigte Geldscheine mit Porträts berühmter europäischer Künstler, die von afrikanischer Kunst inspiriert wurden, an einem „Geldbaum“ hängen. Räume, die üblicherweise in Museen existieren, wie Shop und Restaurant werden transformiert und durch eingeladene Künstler, ihre Objekte hinzu steuern und zum Abendessen für die Besucher ausrichten aktiviert. Der „Art and Religion Room“ vereint in einer kreuzförmig angelegten Holzstruktur Objekte und Symbole aus Christentum, Buddhismus, Judentum, Islam und Hinduismus mit denen unterschiedlicher afrikanischer Religionen und hinterfragt deren Hierarchien und Unterschiede. Neben den Devotionalien finden sich gewöhnliche Gegenstände wie Plastikpuppen oder Rückspiegel, die andeuten, dass Spiritualität in der alltäglichen Erfahrung der Welt verankert ist, die marktartige Präsentationsform deutet auf die Beziehung zwischen Religion und Handel hin. Der Raum wird darüber hinaus immer wieder durch einen Tarotkartenleser aktiviert, die Eigenschaften des Glaubens erkundet. In der „Library“, die Bildung frei zugänglich macht, sind Besucher eingeladen, Kunst- und Kinderbücher zu durchstöbern. Der mit Geldscheinpunkten bedeckte „Kuratorentisch“ präsentiert Bücher von Kuratoren, mit denen Gaba in der Vergangenheit zusammengearbeitet hat. Den Abschluss der Ausstellung bildet der „Humanist Space“ – acht goldene Fahrräder. Jedes dieser Leihräder ist mit dem afrikanischen Logo des Museums versehen. Auf Touren werden so das humanitäre Anliegen und die kulturelle Botschaft des Museums in den Stadtraum getragen.