19.05.2011 - 24.07.2011
Komponisten, Theaterregisseure und andere Künstler haben in den 1960er und 70er Jahren das Fernsehen als Ort des Experimentierens entdeckt. Unter Auslotung aller technischen und künstlerischen Möglichkeiten des Mediums entwickelten sie neue Gestaltungsformen und provozierten damit die Sehgewohnheiten der Zuschauer.
Selbst große Theatermacher wie Peter Zadek (ROTMORD, WDR/ARD 1969; DER POTT, WDR/ARD 1971) haben das längst zum Massenmedium gewordene Fernsehen genutzt, um andere Erzählformen zu erproben. Dank Bluebox-Verfahren, Stanztechniken und Negativbildern entstand eine ungewöhnliche,
expressive Bildsprache, die wesentlich von der Pop Art geprägt war. Damit verbunden sind besonders die Regisseure Bob Rooyens (DUSTY SPRINGFIELD, WDR 1969) und Jean-Christophe Averty (IDEA, ZDF 1968). Großflächige geometrische Schwarz-Weiß-Bilder, beeinflusst von der Kunstrichtung Op Art,
schuf der Fernsehregisseur Truck Branss in seinen Musikshows (PORTRÄT IN MUSIK, ARD 1963-1981; PLAY BACH, ARD 1964-1965). Der Komponist Mauricio Kagel entwickelte im Medium Fernsehen visuelle Kompositionen und fantasievolle
Collagetechniken (ANTITHESE, NDR 1966; MATCH FÜR DREI SPIELER, WDR 1967). Auf ein anderes Experiment hat sich Gerry Schum eingelassen: Mit seinen "Fernsehausstellungen" (LAND ART, SFB/ARD 1969 und IDENTIFICATIONS, SWF/ARD 1970) schuf er eine neue Präsentationsplattform neben dem Museum,
indem er Kunstwerke ohne Kommentar auf dem Fernsehbildschirm ausstellte.
Auch Samuel Beckett hat sich mit den ästhetischen und dramaturgischen Möglichkeiten des Fernsehen auseinandergesetzt: Er entwickelte eine "poetische Bildsprache", mit der er sich immer weiter von dem wortreichen Medium entfernte.
Die Ausstellung der Deutschen Kinemathek - Museum für Film und Fernsehen zeigt einen Querschnitt der Werke aus der experimentierfreudigsten Zeit des deutschen Fernsehens.