16.06.2007 - 06.01.2008
Papierschnitte sind kulturgeschichtlich über 1000 Jahre alt, tauchen in verschiedensten Kulturkreisen und dort in unterschiedlichen Gebrauchszusammenhängen auf. Bis heute wird die Kunst des Papierschneidens vielerorts gepflegt. Für die Geschichte des Papierschneidens gilt generell, dass in Anbetracht der Fragilität und des vergänglichen Materials das Vorkommen von Papierschnitten als sehr zufällig und vereinzelt gesehen werden muss. Erhaltene Stücke sind vielleicht als etwas Besonderes und wurden daher mit Vorsicht behandelt und aufbewahrt. Andere Stücke, die im alltäglichen Gebrauch verwendet und nach ihrer Abnutzung durch neue ersetzt wurden haben sich dagegen vielleicht nur zufällig erhalten. Wann es die ersten Papierschnitte in der Schweiz gegeben hat, kann also nicht mit Sicherheit gesagt werden. Der ausgestellte, in das 17. Jahrhunderts datierte Liebesbrief dürfte eines der frühen Zeugnisse des „Ausschneidens“ in der Schweiz sein.
Die Beschränkung der technischen Mittel auf feinste Scheren oder Messern und Papier erfordert größtes Geschick. Von der ersten Bildidee über die abstrahierende Umsetzung in ein reines Konturenbild bis zum diffizilen Schneiden des Materials. Beim Papierschnitt geht es nicht unbedingt um die getreue Abbildung der Wirklichkeit durch Schattenumrisse. Das Material und seine Bearbeitung stehen im Wesentlichen im Vordergrund. Papier wird zu Umrissen geschnitten, deren Konturen Figürliches oder Muster wiedergeben, ohne dass eine zugefügte Binnenzeichnung oder Malerei notwendig wäre.
Allein das geschnittene und durchbrochene Papier ergibt ein Bild, narrativ oder abstrakt. Im Papierschnitt liegen enorme gestalterische Möglichkeiten. Es ist kennzeichnend, dass dem Papierschnitt über das Mitschwingen im Stil des Zeitgeschmacks und der Region hinaus eine große Anpassungs- und Nachahmungsfähigkeit innewohnt. Papierschnitte können die Anmutung von Klöppelspitzen, Holzdrucken, Schnitzereien, Webereien, Steinarbeiten, Malereien, Plakatdrucken, Fotobild-Negativen haben oder ein Schattenbild einfangen. Ebenso gut kann er die verschiedenartigsten Natur-Erscheinungen wiedergeben, wie die verästelte Krone eines Baumes, das Gefieder eines Vogels, eine Schneelandschaft bei Nacht oder die Spiegelungen im Wasser. Der Papierschnitt birgt Möglichkeiten zu großer Abstraktion, die Gegenstände, Figuren, Landschaften zu Mustern und Zeichen auflösen.
In der Schweiz haben sich viele Zeugnisse dieser besonderen Kunstfertigkeit aus den letzten 350 Jahren erhalten. Spitzenbilder aus Frauenklöstern aus dem 17. Jahrhundert und mit Durchbrüchen verzierte Liebesbriefe aus der Biedermeierzeit, traditionelle Faltschnitte des 19. und 20. Jahrhunderts u.v.m.
Seit rund 30 Jahren findet die Kunst des Papierschneidens in der Schweiz erneut große Aufmerksamkeit: Es gibt sehr viele Papierschneiderinnen und Papierschneider, die diese Kunst als Hobby oder als Berufstätigkeit ausüben.
Regelmäßig stattfindende Ausstellungen, die der Schweizerische Verein Freunde des Scherenschnitts seit 30 Jahren ausrichtet und die in der Schweiz mit großem öffentlichem Interesse verfolgt werden, fördern das Tun der Künstlerinnen und Künstler. Auch begann der Schweizerischen Vereins Freunde des Scherenschnitts 1986 eine Sammlung von Papierschnitten kenntnisreich und mit viel Engagement aufzubauen.