Klug, pragmatisch und selbstbewusst – mit Leidenschaft hat die Zeichnerin und Karikaturistin Marie Marcks (1922–2014) diskutiert und für ihre Themen gekämpft. Nachdem im Mai 2014 die Kulturstiftung der Länder, die Niedersächsische Sparkassenstiftung und die Stiftung Niedersachsen den künstlerischen Nachlass von Marie Marcks für das Museum Wilhelm Busch – Deutsches Museum für Karikatur und Zeichenkunst erworben haben, wird nun erstmals daraus ein umfassender Querschnitt gezeigt. Vom 31. Mai bis 11. Oktober 2015 sind in der Retrospektive rund 160 Arbeiten zu sehen.
Marie Marcks wusste, wovon sie sprach, wenn sie „Frauenleben“ zeichnete: fünf Kinder hat sie – meist allein – groß gezogen und sich zugleich in der von Männern dominierten Karikaturenszene durchgesetzt. 1922 in Berlin geboren, wächst Marie Marcks in einer künstlerisch geprägten Umgebung auf. Sie erhält an der Kunstschule der Mutter, der Buchgrafikerin und Zeichenlehrerin Else Marcks-Penzig, ihren ersten Zeichenunterricht und beginnt noch während des Zweiten Weltkrieges ein Architekturstudium in Berlin und Stuttgart. Im August 1944 wird sie zum ersten Mal Mutter. Nach Ende des Krieges zieht sie nach Heidelberg und etabliert sich dort mit Plakatentwürfen als Gebrauchsgrafikerin. Mit besonderer Leidenschaft entwirft sie ab 1954 Plakate und Einladungen für den Heidelberger Jazzclub CAVE oder gestaltet 1958 Plakate für den deutschen Pavillon auf der Weltausstellung in Brüssel.
Ihre Hinwendung zur Karikatur steht in engem Zusammenhang mit den politischen Debatten in Deutschland in den 1950er Jahren: Die Atombombenversuche der Amerikaner, die Einführung der Wehrpflicht in der Bundesrepublik Deutschland und der Beitritt zur Nato mit dem darauf folgenden Wettrüsten in Ost und West und den Friedensbewegungen als Gegenreaktion. Parallel wird die Gleichberechtigung der Frau zu einem ihrer wichtigsten Anliegen und sie macht den Kampf gegen das tradierte Geschlechterverhältnis zu einem zentralen Thema ihrer Karikaturen.
Gerade weil Marie Marcks, wie sie einmal in einem Interview betonte, nicht „genau in die Nische abgedrängt [werden wollte], in die Frauen immer geschubst werden: weg von der großen Politik, hin zu Sozial- und Frauenthemen“, hat sie ihren politischen Karikaturen einen hohen Stellenwert eingeräumt und über zwanzig Jahre lang für die Süddeutsche Zeitung gezeichnet, ihre Karikaturen in der Die ZEIT, im Der Spiegel, im stern oder im Vorwärts veröffentlicht, ebenso wie in der Zeitschrift atomzeitalter oder in betrifft: erziehung. Themen, die sie besonders berührt haben, waren neben dem atomaren Wettrüsten die Zerstörung der Umwelt, die Asylrechtsdebatten und der Rechtsradikalismus.
Mit rund 160 Arbeiten wird die Ausstellung einen Querschnitt durch das Schaffen von Marie Marcks präsentieren. Beginnend mit Zeichnungen und Illustrationen aus ihren autobiografischen Büchern „Marie, es brennt“ und „Schwarz-weiss und bunt“ kann der Werdegang von der Gebrauchsgrafikerin bis zur politischen Karikaturisten verfolgt werden. Die Exponate zeigen, welche Themen ihr besonders am Herzen lagen: die politische und gesellschaftliche Gleichstellung der Frau, Bildung und ein offenes soziales Klima, ebenso wie die Idee eines gemeinsamen und friedlichen Europas.