22.04.2012 - 30.11.2012
Mary Bauermeister ist eine der vielseitigsten und schillerndsten Figuren der amerikanischen und deutschen Nachkriegskunstszene. Erst 2011 hat sie mit ihrer Biografie „Ich hänge im Triolengitter. Mein Leben mit Karlheinz Stockhausen“ für Furore gesorgt. Die international bekannte Künstlerin hatte bereits zahlreiche Einzelausstellungen im In- und Ausland, war bei vielen Gruppenausstellungen und ist in zahlreichen öffentlichen und privaten Sammlungen (u.a. im Museum Ludwig, Köln) vertreten. In den frühen 60er Jahren wurde ihr Kölner Atelier zur Geburtsstätte der Fluxusbewegung. 1962 zog es sie nach New York, wo sie im Umkreis von Jasper Johns und Robert Rauschenberg sehr erfolgreich arbeitete. Ab den 70er Jahren verlegte sie ihren Lebensmittelpunkt wieder nach Köln, wo sie bis heute lebt und arbeitet.
Für das Bonner Frauenmuseum Grund genug, Bauermeister eine große Retrospektive zu widmen: „Mary Bauermeister – Kulturgewächs – Spektrum über 60 Jahre“ zeigt ab dem 22.4.2012 den ersten Teil des dreiteiligen Ausstellungsprojekts „DAS GRÜNE HAUS“. Am 6. Mai folgt dann Teil 2: „Den Verwandten: Tiere & Pflanzen“. Teil 3 ab 2. September 2012 ist dann mit „Raum + Bau. Die Rationale III zu Architektur und Städtebau“ überschrieben. Schirmherrin der Ausstellungen ist Ute Schäfer (Kulturministerin NRW). Bauermeisters Exponate zu diesen Folgeausstellungen werden von Anfang an zu sehen sein.
Die Retrospektive ist der Auftakt und zeigt die Vielseitigkeit von Bauermeisters Œuvre. Ihr lebenslanges Schaffen spiegelt den Zusammenhang zwischen konzeptionellem Denken, Natur, Kunst und Musik wider. Es spannt einen Bogen durch das Reich aller Sinne. Die Besucher der Ausstellung erleben ihr Denken, Planen, Konstruieren in Zeichnungen, Schriften und Briefen, die auf verschiedenste Weise weiterverarbeitet wurden: in Materialbildern, Objektkästen, Dokumentationen von künstlerisch-musikalischen Prozessen und Installationen mit Textilien, Steinen, Glas und Naturmaterialien.
Aus Erdmassen erheben sich Steine zu Steinbildern; beschriftete Kürbisse und Fundstücke aus der Natur formen sich zu Installationen. Das neueste „Steinbild“ (2011) ähnelt „Stone Progression“ (1963 Sammlung Museum of Modern Art, New York). Im Frauenmuseum wird auch die Steintreppe „Flüchtender Horizont“ (1986) zu sehen sein.
Aus der Werkgruppe der Objektkästen werden ihre hochkomplexen Arrangements gezeigt, die verdeutlichen, wie akribisch die Künstlerin die Welt in ihrer Ganzheit zu ordnen und zu systematisieren versucht. Dabei geht es Bauermeister auch immer um die zentrale Frage „Was können wir tun?“ In den Boxen werden universale, philosophische und politische Fragestellungen mittels Schriften, Zeichnungen sowie Lupen, Linsen und Naturmaterialien künstlerisch gestaltet.
Bauermeisters textile Arbeiten, die auch politisch interessant deutbar sind, zeigen sich in Lichtinstallationen mit Stoffcollagenkästen, „Flickenkleider“ (1963) und verschieden großen Engelgestalten. Die Ausstellung zeigt die Entwicklung von der Zeichnung, dem Nähbild über den umbauten Kasten bis zum Linsenkasten und den Wandskulpturen.
In einem weiteren Schwerpunkt zeigt die Ausstellung Bauermeisters Arbeiten mit Holzstaffeleien. Sie hebt deren Funktion auf, verformt, vergrößert und spiegelt sie. Der Zusammenhang zwischen diesen und ihren Lichttüchern wird sich in einem Spiegelkabinett zeigen, das sie eigens für diese Ausstellung gearbeitet hat.
Eine Mediadokumentation beinhaltet Briefe, Filme und Fotos der Fluxusbewegung aus der Kölner Zeit im Atelier Lintgasse und den Briefwechsel mit Karlheinz Stockhausen. Musik bildet die geistige Grundlage zu vielen Aktionen, Aufführungen und Werken. Mary Bauermeister hat sich seit ihrer Kindheit intensiv mit Musik auseinandergesetzt. Die Beziehung zu Karlheinz Stockhausen und die Freundschaft mit heute berühmten, avantgardistischen Künstlern zu Beginn ihrer Schaffensperiode führt sie zur intensiven Auseinandersetzung mit zeitgenössischen experimentellen Strömungen. In der Partitur für Maler, der „Malerischen Konzeption“, entwickelt sie Kompositionsprinzipien aus der Musik heraus. Das Werk bildet fortwährend einen Fundus zur Weiterentwicklung in ihren Werken. Vereinzelte Wortkompositionen lösen konsequent serielle Erschaffungen aus.
Bauermeisters Beiträge zur Ausstellung „Tiere und Gewächse“ zeigen vor allem ihre Auseinandersetzung mit Naturmaterialien, gezeigt wird u.a. das Werk „Howevercall“ und Ready Trouveès.
Ihr Beitrag zur „Raum + Bau. Die Rationale III zu Architektur und Städtebau“ erweitert den Blick auf eine weiteres zentrales Thema der Künstlerin: Zeichnungen, Malereien, Fotografien und Modelle zur Architektur von Gärten, Häusern und skulpturaler Gartengestaltung. Mary Bauermeisters Werke werden hier den Blick der Besucher aus dem inneren musealen Bereich zum Außenbereich auf die Dachterrasse und den Innenhof des Bonner Frauenmuseums lenken. Elemente aus ihren Wassergärten und Gartenanlagen (Kristalle, Prismenkörper und Werke aus Holz mit anderen Naturstoffen) schließen damit den Kreis und vermitteln einen umfassenden Blick auf ihr außergewöhnliches künstlerisches Schaffen.