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Da selbsten ein Anfang zu brennen gemacht - Aberglaube und Hexenwahn am Niederrhein

22.02.2015 - 13.09.2015

Schon die Antike und das Mittelalter kannten die Vorstellung von Zauberern und Zauberinnen. Doch erst die Neuzeit prägte eine mörderische„Hexenlehre“ aus, die sich seit Mitte des 15. Jahrhunderts verbreitete: Es ging jetzt um Teufelspakt, Teufelsbuhlschaft, Hexensabatt, Hexenflug und Schadenszauber …
Im 15. Jahrhundert breitete sich ausgehend von der Schweiz die „moderne“ Hexenverfolgung aus. Der 1487 durch den päpstlichen Inquisitor Heinrich Cramer (lat. Institoris) veröffentlichte malleusmaleficarum („Hexenhammer“) führte auch am Niederrhein zu einer vermehrten Anzahl von Hexenprozessen.
Kurköln war mit ca. 2.000 Hinrichtungen das Zentrum der Hexenverfolgung im Alten Reich. Lange glaubte man, die übrigen niederrheinischen Herrschaftsgebiete wären von den Exzessen der Hexenverfolgung weitgehend verschont geblieben. Doch neuere Forschungen zeigen, dass auch außerhalb der kurkölnischen Gebiete zahlreiche Hexenverfolgungen stattfanden.
Als 1492 das Hülser Schöffengericht Nesgen to Range wegen Schadenzauber, Teufelsbuhlschaft und Abfall von Gott an den Brandpfahl fesseln ließ und sie im Angesicht des Todes ihr vorheriges Geständnis wiederrief, waren die Hülser Schöffen noch verunsichert. Sie fragten beim Schöffengericht in Kempen nach. Man solle Nesgen nach ihrem Bekenntnis richten, erhielten sie zur Antwort – und: Unser Herrgott sei mit euch.
Verheerend wirkte sich die Vorstellung vom Hexensabbat aus: ein Treffen mehrerer Hexen und Teufelsbündler mit dem Teufel. Unter Anwendung der Folter erzwangen die Peiniger von den Beschuldigten, andere Teilnehmer zu benennen. Bald fanden sich meist auch die „besagten“ in den Händen der Folterknechte wieder.
Der Ausbruch von Krankheiten und Seuchen, Kriegsauswirkungen, Missernten und religiöse Unruhe verunsichertendie Bevölkerung. Ließ die Obrigkeit Milde walten und verbannte vermeintliche Zauberinnen statt sie zu verbrennen, kam es mancherorts zu grausamen Übergriffen: 1606 erschlugen beispielsweise Essener Stadtbewohner zwei der Zauberei beschuldigte Frauen.
Im 16. Jahrhundert wirkte Johann Weyer (1515-1588), einer der Hauptgegner der Hexenverfolgung, am Niederrhein. Weyer, Leibarzt in Diensten des Herzogs von Jülich-Kleve-Berg, veröffentlichte 1563 seine Schrift De praestigiisdaemonum ("Von den Blendwerken der Dämonen sowie von den Bezauberungen und Vergiftungen"). Sie gilt als eine der einflussreichsten Schriften gegen die Hexenverfolgung.
Weyer beeinflusste auch den Moerser Grafen Hermann von Neuenahr-Moers (1520-1578), der die Hinrichtung vermeintlicher Hexen ablehnte. Doch auch Weyers Schrift verhinderte das Ausbrechen der verheerenden Hexenverfolgungswellen, die ab 1580 wüteten, nicht.
Im ehemaligen Herrschaftsbereich der Herren von Moers kam es 1589 – glaubt man zeitgenössischen Flugblättern - zu einer spektakulären Hinrichtung: Peter Stump („Stübbe“) aus Bedburg wurde im Oktober 1589 als Werwolf wegen Zauberei, Kindsmord, Mord und Blutschande durch Reißen mit glühenden Zangen, Rädern, Abhacken der Gliedmaßen und Köpfen hingerichtet.
Das war der Anfang weiterer Hexenverfolgungswellen. Erst 1631 veröffentlichte der in Kaiserswerth geborene Jesuit Friedrich Spee (1591-1635) seine Schrift CautioCriminalis. Er hinterfragte darin die unter der Folter erpressten Geständnisse. Doch noch bis 1738 loderten am Niederrhein die Scheiterhaufen. Die letzten hier bekannten Opfer des Hexenwahns: die ca. 47 Jahre alte Agnes Olmans und die 16-jährige Helena Mechthild Curtens aus Gerresheim.

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