08.02.2012 - 05.04.2012
In seinem Buch Die Intrige. Theorie und Praxis der Hinterlist (2006) schreibt Peter von Matt in einem Kapitel zur Dramaturgie eines verbrecherischen Aktes, der von zweien begangen wird: Exemplarisch sei da die "Apfelaffäre" im Paradies. "Adam und Eva stellen eine Urgestalt des Paars als Täter dar. Sie dürfen von der Frucht des Baumes nicht essen und tun es doch. Beide beissen zu. Â… Aber wann und wie beissen sie zu, und wer zuerst, und warum tut es der andere auch? Geht man die Adam-und-Eva-Bilder in der Kunstgeschichte durch, sieht man, dass der Apfel immer da ist auf den Gemälden und Kupferstichen, aber immer wieder anders." Und immer wieder anders agiere auch die Täterschaft Mann, Frau und Schlange. Die Tat werde gemeinsam und doch individuell begangen und: "Beides muss im Bild sichtbar werden, aber indem es sichtbar wird, wird es auch schon gedeutet." Das sei – abgesehen von der gewaltigen Frage nach der Schuld - erst einmal kurzweilig zum Anschauen. Grund genug, solche Bilder in einer Ausstellung zu versammeln.
Mit wenigen Ausnahmen wird ausschliesslich der Tatbestand des Sündenfalls präsentiert, dieses folgenschweren Moments der Widerhandlung unserer Stammeltern gegen die einzige Einschränkung in ihrem paradiesischen Dasein. Prinzipiell geht es im Ablauf des Geschehens ums Immergleiche: um den engen Zusammenhang von Nehmen, Übergeben, Entgegennehmen, Weitergeben und Annehmen des Apfels. Wie ist das Paar dargestellt? Zeigt es sich in unschuldiger Blösse, bevor das problematische Spiel um das Tabu des nackten Körpers beginnt, das heisst, bevor aus einer gottgegeben-selbstverständlichen Bedingung wollüstiges Potential erwächst? Oder ahnt man beim Anschauen, wie sich diese Veränderung anbahnt? - als Vorschau auf das erwachende Gewissen der beiden, die ihrerseits ahnen, dass sie nicht perfekt sind, sondern nackt. Wie reagieren sie? Zuweilen schämen sie sich, zuweilen kokettieren sie eher damit, zuweilen geht eins ins andere über und wird zum Vexierspiel zwischen konkretem Verbergen und metaphorischem Hinweisen. Zuweilen geht es schon eindeutig zweideutig zu. Meist ist es ja Eva, die den Apfel anbietet und ihre Rolle als Femme fatale ausbildet. Eigentlich galt sie ja als zweites und schwächeres Geschöpf, zu ihrem eigenen Schutz vor des Teufels Einfluss Gottes Erstgeborenem untergeordnet. Als es dann aber um die Probe aufs Exempel geht, zeigt sich der Primus des ‚starken GeschlechtsÂ’ sorglos oder als zögerndes, linkisches Opfer. Beteiligt am Sündenfall sind beide. Aber ist nicht einmal sie, einmal er ein bisschen schuldiger? An ihrer Exilierung aus Eden ändert das schliesslich nichts.