04.12.2009 - 02.05.2010
Die Ausstellung bildet den Abschluss einer Reihe bemerkenswerter Aktivitäten zur Würdigung des 600jährigen Gründungsjubiläums der Universität Leipzig. Zwei ihrer Disziplinen, vertreten durch das Institut für Ethnologie der Universität, das GRASSI Museum für Völkerkunde und das Leibniz-Institut für Länderkunde, möchten damit der Alma Mater Lipsiensis Respekt zollen. Sie tun das mit einem breit gefächerten Rückblick auf all die Aktivitäten, die Forscher aus unserer Stadt draußen in der Welt unternahmen, um deren Vielfalt hier bekannt zu machen.
Die Leistungen Leipziger Ethnographen und Geographen, die seit drei Jahrhunderten in ferne Regionen reisten, um von dort Ansichten und Anregungen, Gegenstände und Materialien nach Hause mitzubringen, stehen im Mittelpunkt der Ausstellung. Ihr Reisen, Sammeln, Bearbeiten und Publizieren hat wesentlich zum Weitblick der Universität und ihrer Stadt beigetragen. Dies wird nun erstmals umfassend dargestellt und dokumentiert.
In vier Komplexe ist die Ausstellung gegliedert. Der erste thematisiert die Expeditionen und Forschungsreisen, der zweite stellt die leitenden Theorien und beteiligten Fächer vor, der dritte führt bedeutende Sammler und Sammlungen in Museen und Archiven der Stadt auf, und der vierte widmet sich schließlich der Rezeption und Reflexion dieser Anstrengungen in und außerhalb der Stadt Leipzig.
Geographie und Ethnographie haben gleichermaßen unser Wissen von fremden Ländern, Völkern und Kulturen geprägt. Ausstellung und Begleitband wollen davon herausragende Beispiele vorstellen und kommentieren. Es werden sämtliche Weltteile in ihren Leipzig-Bezügen behandelt und die Prozesse der Horizonterweiterung wie auch der Klischeebildung verfolgt. Beide Wissensgebiete sind in Leipzig durch Bürgerinitiativen und Museumsgründungen etabliert worden, bevor sie an der Universität als Lehrstühle (1870 Geographie, 1920 Ethnologie) und Institute Fuß fassen konnten. In der klassischen Verbindung von Forschung und Lehre konnten sich die beiden Fächer dann ganz wesentlich an der modernen Wissensproduktion beteiligen. Heute haben sich Ethnographie und Geographie weiter professionalisiert und ausdifferenziert; nicht von ungefähr verfügt gerade der Leipziger und mitteldeutsche Raum über eine Vielzahl von Einrichtungen (darunter zwei Max-Planck-Institute), die sich wissenschaftlich mit fernen Weltregionen und ihren Kulturen befassen. Ohne die lange Vorarbeit der Pioniere und die Initiativen vieler großzügiger Förderer wären sie nicht denkbar.
Die Ausstellung bringt in anschaulicher Weise zum Ausdruck, wie in dieser Stadt mit der zweit-ältesten deutschsprachigen Universität mit kontinuierlichem Lehrbetrieb 1869 durch den Aufruf zum Ankauf der Sammlung Gustav Klemms das Völkerkundemuseum gegründet werden konnte, das zu den ältesten Institutionen seiner Art in Europa zählt. Es soll gezeigt werden, wie die ethnographischen und geographischen Sammlungen (z.B. Godeffroy, Reiss/Stübel) bis heute zustande kamen, welche Ideen zu den jeweiligen Zeiten leitend waren und welche Einrichtungen geschaffen wurden, um die Flut neuer Eindrücke und fremder Impulse in populärer wie pädagogischer Absicht bewältigen zu können.
Die Namen Friedrich Ratzel (1844–1904), Karl Weule (1864–1926), Alphons Stübel (1835–1904) und vieler anderer Leipziger Weltgelehrter sollen neu in Erinnerung gerufen werden. Im GRASSI Museum für Völkerkunde liegen ihre Sammlungen, im Leibniz-Institut für Länderkunde die Nachlässe, am Institut für Ethnologie, aber auch in den vorgenannten Einrichtungen, wird zur Fachgeschichte geforscht.