Die drei Völkerkundemuseen in Leipzig, Dresden und Herrnhut besitzen einen umfangreichen Bestand an Fotografien aus nahezu allen Regionen der Welt. Dieser wird seit Herbst 2014 digitalisiert und wissenschaftlich erschlossen.
Der Bestand der Fotografischen Sammlung reicht vom Ende des 19. Jahrhunderts bis in die Gegenwart. Die Aufarbeitung der Fotografien geht einher mit deren Neubewertung: Sie werden nunmehr als Objekte definiert, die ihre eigenen Geschichten erzählen und deren Materialität - sei es ein Papierabzug oder ein Diapositiv - Aufschluss über ihre Funktionszusammenhänge gibt. Die "ethnographische" Fotografie beinhaltet verschiedenartiges Material: Reise- und Expeditionsfotografie, anthropometrische Aufnahmen wie auch Studiofotografien und fotobasierte Feldforschungen. Entsprechend sind unterschiedlichste Perspektiven auf die Fremde vertreten.
Der im Museum für Völkerkunde Dresden verwahrte und in Auswahl präsentierte Bestand an Fotografien des Lehrers Horst Martin (1902 - 1962) steht beispielhaft für das Engagement eines ethnographisch interessierten Laien. Martin war zwischen 1928 und 1942 an den Deutschen Schulen im chilenischen Temuco, in Bogotá in Kolumbien und in Mexico-Stadt tätig. Von Bogotá aus unternahm er mehrere Reisen durch Kolumbien und besuchte Guatemala und Ecuador. Die während dieser Reisen entstandenen Schwarzweißfotografien - teils Schnappschüsse, teils wohl komponierte Aufnahmen - sind länderkundliches Bildmaterial, das zugleich Aufschluss über Horst Martins spezifische Interessen gibt. Er fotografierte Landschaften und Menschen, Alltagssituationen und das für ihn Besondere. Die zahllosen Negativfilmrollen, die von ihm sorgsam archiviert wurden, sind ein bislang ungehobener Schatz.
Die Digitalisierung und Erschließung der Fotobestände ist Teil des sammlungsübergreifenden Ausstellungs- und Forschungsprogramms "Europa/Welt" an den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, das von der Museum and Research Foundation gefördert wird.