Kleidungsstücke aus Mittelamerika erfreuen sich als Urlaubssouvenirs und exotische Modeaccessoires in Europa großer Beliebtheit, gehören aber auch zu begehrten Sammlungsobjekten. Huipiles etwa sind traditionelle Frauenblusen der Maya, die in ihrer Art auch über die Grenzen Guatemalas hinaus Verwendung gefunden haben. Vor allem durch die mexikanische Künstlerin Frida Kahlo, die sich auf Fotografien und Selbstporträts stolz in der indigenen Tracht mit schillernden Farben und bunten Stickereien präsentiert, sind sie bekannt geworden. Die Ausstellung "Gewebte Zeit" zeigt Huipiles und andere Textilien sowie Fotografien aus Guatemala und eröffnet neue Perspektiven auf die gesellschaftliche Rolle von Kleidung im Leben der dort lebenden Maya ab etwa 1900 bis in die Gegenwart.
Die Textil-Traditionen der Maya haben im Zusammenfluss indianischer und europäisch-christlicher Elemente ihren hohen Stellenwert im religiösen und sozialen Leben Guatemalas bis heute nicht eingebüßt. In der wechsel- und leidvollen Geschichte Guatemalas von der Unterwerfung der indigenen Bevölkerung, über Diktatur und Bürgerkrieg, wurde die traditionelle Kleidung für die Maya zu einem wichtigen Symbol von Identität, Selbstbehauptung und Widerstand. Daneben hat sie sich aber auch zu einem bedeutenden Wirtschaftsfaktor auf dem touristischen Markt entwickelt, durch den sich neue finanzielle und gesellschaftliche Möglichkeiten, aber auch Abhängigkeiten herausbilden. Kleidung und Stoff legen zudem ein lebendiges Zeugnis von kulturellem Austausch bei Herstellungstechniken und Designs ab. Durch ihren hohen künstlerischen und ästhetischen Wert entfalten sie eine ganz besondere Wirkung auf den Betrachter.
In der Ausstellung werden Stoffe aus zwei bedeutenden Schenkungen präsentiert, den Sammlungen von Hans-Jörk Wietfeldt und Horst Eichler aus den 1960er und 1970er Jahren, die dem GRASSI Museum für Völkerkunde zu Leipzig in den letzten Jahren zugegangen sind. Ergänzt werden diese Bestände durch Objekte der Staatlichen Ethnographischen Sammlungen Sachsen in Leipzig und Dresden, deren älteste um 1900 zu datieren sind und weitere, aktuelle Stücke. Gemeinsam zeichnen sie ein vielschichtiges Bild der Textilproduktion in Guatemala und geben Einblick in die zahlreichen Facetten ihrer Bedeutung.