08.07.2007 - 26.08.2007
Das Erscheinen des Erinnerungsbuches „Beim Häuten der Zwiebel“ hat eine umfangreiche und heftig geführte Debatte zu Günter GrassÂ’ dort erstmals öffentlich bekannt gewordener Mitgliedschaft in der Waffen-SS hervorgerufen.
Günter Grass hat diese Debatte, in der er sich „Am Pranger“ so der Titel eines Gedichts fühlte, in Lyrik und Lithografien verarbeitet:
„Es geschah, nachdem mir die Zwiebel / Haut nach Haut / hilfreich geworden war. / Seht, nun steht er gehäutet da, / rufen jetzt viele, / die nicht die Zwiebel zur Hand nehmen wollen, / weil sie befürchten, etwas, nein, schlimmer / nichts zu finden, / das sie kenntlich werden ließe.“
Im Sommer 2006 entstanden auf der Insel Møn Arbeiten, die Anfang dieses Jahres in Buchform erschienen sind.
In zwanzig Bildern, denen die Gedichte selbst eingeschrieben sind, reflektiert Grass den Umgang mit ihm und seine daraus resultierenden Gefühle. So ist ein sehr persönliches Werk entstanden, in dem sich der Autor selbst als „Dummer August“ komisch vorkommt, „gestellt vors Schnellgericht der Gerechten.“
Aber auch Waldspaziergänge und Alltagsfreuden wie das Schälen von Zuckererbsen oder der Kauf neuer Schuhe
werden in leicht melancholischem Ton beschrieben. Das Ergebnis fasst Grass selbst wiederum in einem Gedicht zusammen:
KURZGEFASSTE GEDICHTE
Ich habe nur euch.
Ihr reimt euch auf nichts.
Den Wald im Rücken, vor mir die See,
schrieb ich Wörter in Zeichnungen,
denen, was gerade zur Hand war,
Motiv wurde: Heines Zuckererbsen,
ich unter spitzen Hut,
der Hund, die Kühe am Zaun,
Bäume vereinzelt,
der Distelzweig.
Jetzt laß ich euch laufen,
auf das ihr ausplaudert,
wie mir geschah im August.
Gedicht, kurzgefaßt,
oder in Strophen gerottet,
ihr werdet nicht müde
auf schattenlos langem Weg;
noch immer nicht mundtot,
hab ich euch Beine gemacht.
Begleitend werden die im Vorjahr, 2005, ebenfalls auf Møn entstandenen und auch von Gedichten begleiteten Lithografien „Møner Tagebuch“ präsentiert, die das Günter Grass-Haus im Zuge der Ausstellung von seinem Freundeskreis geschenkt bekommen hat. Motivisch wie technisch verwandt, zeigen sie Landschaftsansichten, Naturfundsachen wie Federn und Tannenzapfen von der Insel, auf der Grass seinen Sommerwohnsitz hat.
Die gezeigten Lithografien wurden als Mappenwerke und als Einzelblätter vom Kunsthaus Lübeck verlegt.
Zur Debatte um "Beim Häuten der Zwiebel" ist eine Broschüre des Günter Grass-Hauses mit Beiträgen unter anderem von Christa Wolf und Hanjo Kesting erschienen, die im Shop des Günter Grass-Hauses erhältlich ist.
