Gut Altenkamp

Die politischen Umbrüche, die die Welt zwischen 1914 und 1919 in ihren Grundfesten erschütterten und unwiederbringlich veränderten, wirkten sich auch auf die modische Silhouette der Frauenkleidung aus. Die markanten Jahre des Ersten Weltkriegs, eine heute in der Modegeschichte oft vergessene Umbruchszeit zwischen Jugendstil und den Zwanziger Jahren, weisen bei genauerem Blick eine erstaunliche Vitalität und Modernität auf. Viele Kleidungsdetails, die während des Ersten Weltkriegs als praktische Neuerungen eingeführt wurden, entwickelte man danach modisch weiter: so etwa die erstmalig in der Modegeschichte deutlich kürzeren Röcke, schlicht-sportliche Tageskleidung, Materialien wie Seiden- und Wolljersey oder die Vorliebe für Schwarz als Modefarbe.
Die Ausstellung der Staatlichen Museen zu Berlin präsentiert – in drei Sektionen gegliedert – künstlerische Modeillustrationen, Fotografien und Modejournale aus den Metropolen Paris, Berlin und Wien. Aus Paris sind unter anderem frühe Modefotografien, großformatige Modestiche für den amerikanischen Markt und die Grafikmappe„Modes et Manières d’Aujourd’hui von Georges Lepape zu sehen. Die seltenen Grafiken des von der Wiener Werkstätte veröffentlichten Mappenwerks Mode Wien 1914/15 zeigen den expressiven Stil der Donaumetropole. Die elitären Entwürfe des kurzlebigen Berliner Modehauses Alfred-Marie sind in Unikaten von Annie Offterdinger zu entdecken.
Alle Exponate, gewählt aus dem reichen Bestand der Sammlung Modebild – Lipperheidesche Kostümbibliothek, zeigen einerseits die Modeentwicklung von der unmittelbaren Vorkriegszeit bis in die späten Kriegsjahre auf, lassen jedoch auch erkennen, wie überraschend modern die Bildsprache der ambitionierten Modegrafik zur Zeit des Ersten Weltkriegs ist, die unter dem Einfluss der zeitgleichen avantgardistischen Kunstströmungen wie Kubismus, Fauvismus und Expressionismus stand.