Die Ausstellung lädt ein zu einer Entdeckungsreise in die spätmittelalterlichen Glaubenswelten Mitteldeutschlands, die sich in überraschender Vielfalt präsentieren. Rund 300 Exponate zur religiösen Alltagspraxis und Mentalität eröffnen ein einzigartiges Zeitfenster in die Epoche vor dem Wittenberger Thesenanschlag. Sie geben Einblick in die Sorgen und Nöte der Menschen dieser Zeit, ihre Suche nach Antworten im christlichen Glauben. Viele Ausstellungsstücke sind erstmalig zu sehen, einige überdauerten unentdeckt die letzten 500 Jahre. Viele erscheinen uns heute fremd oder sogar kurios, darunter ein Kruzifix aus der Zeit um 1500 mit beweglichen Armen und ein sogenannter Grablegungschristus, mit denen während des Ostergottesdienstes Kreuzigung und Auferstehung anschaulich nachgestellt wurden.
Ebenso wenig bekannt ist heute die Tradition deutscher Bibelübersetzungen, die bereits vor Luther christilichen Laien das Lesen der Bibel ermöglichten.
Wie sehr die Menschen sich um die rechte Art zu leben und um ihr Seelenheil sorgten, zeigt der Zulauf, den ein italienischer Wanderprediger 1452 in Leipzig hatte. Er heilte Kranke, und brachte die Leipziger in Scharen dazu, ihre Spielkarten und Würfel öffentlich zu verbrennen. Zudem motivierte er zahlreiche Männer zum Eintritt in den Franziskanerorden.
Erinnert wird an den heute vergessenen Marien-Wallfahrtsort Eicha bei Leipzig, der unmittelbar vor der Reformation große Pilgerströme anzog und von Luther in einem Atemzug mit Aachen oder Rom genannt wurde.
Die sieben Ausstellungskapitel zeigen, wie sehr alle Lebensbereiche der Menschen dieser Zeit von religiösen Denkweisen und Ritualen durchdrungen waren. Daraus ergeben sich auch Fragen nach Bedeutung und Verständnis religiöser Überlieferungen in unserer Gegenwart.