12.03.2010 - 18.04.2010
Zeitgeschichte kann lebendig und anschaulich werden, wenn sie sich exemplarisch im individuellen und zeittypischen Lebensweg eines Menschen spiegelt und damit für den Betrachter nachvollziehbar wird. Die dokumentarisch-künstlerische Rauminstallation der international renommierten, in Berlin lebenden schwedischen Künstlerin Hanna Sjöberg zeigt das auf ungewöhnliche und eindringliche Weise mit der Lebensgeschichte von „Anna“.
Sie basiert auf Texten und Privatfotos von Dorothea Bjelfvenstam und gestaltet eine Biographie des 20. Jahrhunderts: „Anna“, das Kind aus Königsberg, kommt im Juli 1945 nach Potsdam – hier verbringt sie ihre Jugendjahre, bis sie nach Schweden auswandert: Eine einmalige und doch gewöhnliche europäische Lebensgeschichte vor dem Hintergrund von Krieg, Flucht, Diktatur und Migration.
Im letzten Kriegsjahr wird „Anna“ mit anderen Kindern aus ihrer Schule in Königsberg in ein Kinderlandverschickungslager in Oelsnitz/Erzgebirge geschickt und erlebt dort das Kriegsende.
Freundinnen in Potsdam, um 1949
Foto: Archiv BjelfvenstamNach Potsdam kommt sie im Juli 1945, gerade als die Potsdamer Konferenz in Cecilienhof stattfindet. Frieden und Wiederaufbaueuphorie, aber auch Hunger und Angst vor der Willkür der Besatzungsmacht kennzeichnen ihre Zeit als Jugendliche in Potsdam. Anfang der 1950er Jahre geht sie nach Westberlin, bevor sie nach Schweden auswandert. „Anna“ kehrt immer wieder nach Potsdam zurück, in den 1980er Jahren auch auf Klassenfahrten mit schwedischen Schülern.
Die Erzählung, die sich durch den ganzen Ausstellungsraum zieht, ist eingebettet in den zeitlichen und politischen Kontext, der auf fünf großen Raumelementen zeitlich, geographisch und thematisch dargestellt ist. Zu den verschiedenen Themen gibt es Aufnahmen von Gesprächen mit Zeitzeugen.
Schüler der Klassenstufe 11 der Voltaire-Gesamtschule in Potsdam erarbeiten Texte zu den Themen und gestalten sie in einer Zeitung, die in der Ausstellung zu lesen ist.
„Annas“ naive Erzählweise erklärt nichts. Aber die Betrachter der Ausstellung können sich die Bühne des Krieges und der Nachkriegszeit hinzudenken, vor dem sich „Annas“ Schicksal abgespielt hat. Ihr Leben ist ein Wanderleben, in dem jeder Lebensabschnitt an einem anderen Ort gelebt wurde.
Die Installation „Eine Europäische Odyssee“ folgt den Stationen von „Annas“ Leben und passt sich inhaltlich und formal an die jeweiligen Ausstellungsorte an. Im Sommer 2007 war sie in der Kunsthalle Kaliningrad zu sehen. Ende September 2009 eröffnete sie in der Stadtbibliothek in Oelsnnitz/Erzgebirge, dem Ort, wo „Anna“ am Kriegsende im Kinderlandverschickungslager war. Nach Potsdam wird die Installation abschließend als Projekt in der Tensta Konsthall in Stockholm gezeigt.