22.06.2007 - 13.01.2008
Das Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte (HBPG) würdigt Hedwig Bollhagen (1907–2001) im Jahr ihres 100. Geburtstages mit einer großen Retrospektive zu Leben und Werk.
Die international geehrte Künstlerin und Unternehmerin wird im Kontext ihrer Zeit als eine der bedeutendsten Keramikerinnen des 20. Jahrhunderts und faszinierende Persönlichkeit vorgestellt. Seit 1934 bis heute produzieren die von ihr gegründeten HB-Werkstätten für Keramik im brandenburgischen Marwitz bei Velten (Kreis Oberhavel) das zeitlose Alltagsgeschirr, mit dem Hedwig Bollhagen die Forderung des Werkbundes und des Bauhauses nach Funktionalität und Ästhetik für Jedermann zu realisieren suchte.
Beginnend mit den frühen Prägungen im reformorientierten Elternhaus und den Lehr- und Wanderjahren der jungen Keramikerin zeigt die Ausstellung eine Fülle von bedeutenden Objekten aus dem keramischen und schriftlichen Nachlass Bollhagens und ihrer Weggefährten. Die Ausstellung bietet damit Einblicke in das keramische Schaffen des 20. Jahrhunderts und ermöglicht Begegnungen mit bedeutenden Protagonisten dieses künstlerischen Bereiches.
Zahlreiche Leihgaben ergänzen die Schau und veranschaulichen die Vielfalt des in mehr als 75 Jahren entstandenen Werkes von Hedwig Bollhagen.
Neben den Klassikern ihrer Servicekollektionen und der auf der Weltausstellung 1937 in Paris mit einer Goldmedaille prämierten Vase werden Beispiele ihrer bis zuletzt frischen Experimentierlust in Form und Dekor vorgestellt, die zum Teil erstmals zu sehen sind.
Filme machen die Person Hedwig Bollhagen erlebbar – bescheiden, humorvoll, aber auch kritisch. So faszinierte sie ihre Zeitgenossen und führte viele Künstlerfreunde wie Charles Crodel, Werner Burri, Waldemar Grzimek und Heidi Manthey nach Marwitz. Auch sie sind mit einigen ihrer Werke in der Ausstellung vertreten.
Vorgestellt wird auch die wechselvolle Geschichte der HB-Werkstätten, die geprägt war durch die Bedingungen in den Jahren des Nationalsozialismus, in der Kriegs- und Nachkriegszeit, in der DDR und nach der Wende. Sie forderten oftmals die Improvisationsgabe und den Pragmatismus der Prinzipalin heraus.
Eine interaktive Medienstation erschließt die für die HB-Werkstätten neben dem Geschirrprogramm wichtige Produktionssparte der Baukeramik.
Die technischen Fertigungsprozesse werden im Film und in zeitweisen Live-Vorführungen einer Malerin deutlich.
Die Art der Ausstellungsgestaltung vermittelt atmosphärische Einblicke in das private und betriebliche Umfeld, das für Hedwig Bollhagen Zeit ihres Lebens immer eng miteinander verknüpft war.
Mit ihrer Fähigkeit, aus gegebenen Umständen ein Maximum an Qualität herauszuholen, ohne sich selbst zu verleugnen, ist Hedwig Bollhagen ein Vorbild für heutige Generationen. Über ihre lange Lebenszeit entstand ein Werk in bemerkenswerter Vielfalt.
Das Vermächtnis Hedwig Bollhagens besteht nicht in dogmatischen Schulnormen für junge Keramiker, sondern vielmehr darin, alle jungen Künstler mit ihrem Beispiel zu bestärken, eigene Wege zu gehen.
Die Übersichtsschau im Kutschstall Am Neuen Markt in Potsdam bildet den Auftakt für die 2008 geplante dauerhafte Präsentation des Bollhagen-Nachlasses in Potsdam, der von der Erbin der Künstlerin als treuhänderische Stiftung („Hedwig-Bollhagen-Stiftung“) in die Obhut der Deutschen Stiftung Denkmalschutz gegeben wurde.