Die preisgekrönte Fotografin Herlinde Koelbl hat in vier Jahren siebzig Personen in unterschiedlichen Ländern fotografiert. Einmal in ihrer Berufs- oder Standeskleidung und zum anderen Mal in ihrer Freizeitkleidung. Die direkte Gegenüberstellung der Portraits wirft sofort Fragen auf: Handelt es sich wirklich um ein und dieselbe Person? Welche Kleidung unterstützt den individuellen Charakter der Person? Wie ändert sich das Selbstbewusstsein, die Körperhaltung und das Verhalten des Trägers einer „Uniform“? Können Befehle gleichermaßen überzeugend erteilt werden ohne Uniform?
Ebenso erzielen die Portraits eine Wechselwirkung zwischen dem Betrachter und dem Uniformierten. Der Betrachter wird mit seiner eigenen Wahrnehmung und Kategorisierung konfrontiert. In Form von Bestätigung oder Verunsicherung. Wird einer Person in Uniform größere Anerkennung und Respekt entgegen gebracht? Wird der Körper des Abgebildeten durch eine Uniform zu einer entindividualiserten Gestalt? Werden Befehle von einem uniformtragenden Menschen oder, die daran sichtbare Hierarchie leichter akzeptiert?
Herlinde Koelbl wählte für dieses Foto-Projekt Menschen aus Berufsgruppen aus, in denen eine spezifische Arbeitskleidung eine wichtige Rolle spielt. So steht man einem Gärtner, einer Geisha, einem Mönch, einem Metzger, einer Nonne, einem Sargträger, einem Schweizergardisten und weiteren Berufsgruppen in Form von Doppelportraits vor neutralem Hintergrund gegenüber. Konzentriert, ohne jegliche Inszenierung, fragt die Fotografin und -künstlerin nach den Veränderungen des Menschen durch das Tragen von Uniformen.
Kurze Statements der Portraitierten, Nahaufnahmen von Körperpartien und Kleidungsdetails ergänzen und vertiefen die Doppelaufnahmen. Ob es sich bei der Berufskleidung und den Uniformen um Feinde der Selbstverwirklichung handelt oder, ob darin ein Beitrag zur „Freiheit und Selbstbestimmung“, wie der Philosoph Wilhelm Vossenkuhl im Katalog zur Ausstellung schreibt, zu sehen ist, gilt es in der Ausstellung zu diskutieren und zu erörtern.