09.06.2006 - 20.05.2007
Ob Reichstagsgebäude oder deutsches Eck in Koblenz, ob Hermannsdenkmal, die Skyline von Frankfurt am Main oder Goethe und Schiller in Weimar - die junge Fotografin Pia Malmus sucht mit ihrer Kamera Orte und Menschen in Deutschland auf, die eines miteinander verbindet: Sie alle tragen Spuren der Suche nach der eigenen Identität.
Auf ihrer Reise quer durch Deutschland dokumentiert Pia Malmus Ereignisse, Denkmäler, Städte, Land und Leute. Sie sammelt Spuren einer "gegenwärtigen Vergangenheit" und stellt an sie die Frage nach den Wurzeln heutiger deutscher Identität.
So entstehen Fotos von Orten und Begebenheiten, denen "die deutsche Geschichte ihren Stempel" aufgedrückt hat, wie die Fotografin sagt. Ihre zentrale Frage: Wie treten nationale Identität und symbolische Orte mit ihrer Gemeinschaft stiftenden Sinngebung als sichtbare, reale Zeugnisse in Erscheinung?
Die fotografische Ausbeute ihrer Reise ist kein Katalog deutscher Nationalsymbole oder typisch deutscher Orte. Vielmehr setzen sich die Motive der Fotografin zu einer subtilen Zusammenschau von Befindlichkeiten zusammen, die als "typisch deutsch" gelten. Was die Serie von Pia Malmus dabei auszeichnet, ist der unverbrauchte Blick, mit dem sie historische Orte und bekannte Ereignisse neu entdeckt.
Wenn Malmus etwa das Hermannsdenkmal bei Detmold ablichtet, so positioniert sie das kraftstrotzende Standbild des germanischen Kriegers mit seinem überdimensionalen Sockel nicht in die Bildmitte. Vielmehr "köpft" ihr Foto den Cheruskerfürsten, indem das Bildmotiv vom Bildrand her überschnitten wird. Ein anderes Beispiel für den ungewöhnlichen Blickwinkel der Fotografin ist ihr Foto von der Skyline der Frankfurter City: Ein Schrottplatz im Vordergrund der Aufnahme konterkariert den Blick auf die Optimismus, Reichtum und Zukunft versprechenden Bankenhochhäuser der wohlbekannten Stadtsilhouette.
Die Serie enthält aber auch Fotos, deren Aussage durch einen bestechenden formalen Bildaufbau auf die Spitze getrieben wird. So fotografiert Malmus das auf dem Alexanderplatz stehende Denkmal von Karl Marx und Friedrich Engels von hinten - sozusagen rücklings - und trennt die Figuren optisch voneinander durch den Fernsehturm, der sich weit in den nebelig weißen Himmel ragend zwischen die beiden Gestalten drängt.
Der Titel der Serie - "Deutschlandreise. Auf der Suche nach deutscher Identität" - ist Programm und greift ein Thema auf, dem sich die großen Fotografen der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts - zum Beispiel August Sander - widmeten. Auch die später entstandenen Serien "Deutsche" und "Deutsche Gesellschaft" von Stefan Moses oder René Burris "Die Deutschen" dokumentieren ein Land und seine Lebensformen. Die "junge" fotografische Position von Pia Malmus verleiht der Frage nach deutscher Identität aber eine ganz eigene Aktualität. Mal frech, mal unbestechlich, mal mit einer fast aufdringlichen Nüchternheit zieht die Fotoserie "Deutschlandreise" von Pia Malmus ein Fazit: Im heutigen Deutschland haben viele, sehr unterschiedliche Bilder zum Thema nationale Identität nebeneinander Platz.