Ape Culture/ Kultur der Affen widmet sich der langjährigen kulturellen wie wissenschaftlichen Auseinandersetzung des Menschen mit seinen nächsten Verwandten. In der westlichen Geschichte der Moderne stehen Darstellungen von Affen traditionell für die Abwesenheit von Kultur. Als Grenzfigur zwischen Mensch und Tier spielt der Affe schon seit der Antike eine zentrale Rolle im Narrativ des zivilisatorischen Fortschritts. Die Ausstellung jedoch will mehr als Affendarstellungen nur als Zeichen von Differenz in den Blick zu nehmen. Künstlerische Arbeiten, Dokumente aus Populärkultur und Geschichte der Primatologie geben Einblick in das, was die Wissenschaftshistorikerin Donna Haraway „Primatenordnung“ nennt: ein Spiegelkabinett der wissenschaftlichen und kulturellen Projektionen, in dem der Affe von einem Instrument der menschlichen Selbstdefinition zum Testfall für die Möglichkeit der Neugestaltung menschlicher „Natur“ wurde.
Mit Bezug auf Charles Darwin oder auch Sigmund Freud wurden Erkenntnisse über Affen häufig auf den Menschen übertragen, als „harte Tatsachen“ der menschlichen Natur: Instinkte, Triebe, Affekte und Begehren, die unterhalb der dünnen Schicht von Kultur und Zivilisation unser Verhalten bestimmen. Literarische Zeugnisse wie der Roman H.G. Wells‘ „The Island of Dr. Moreau“ (1896) oder Franz Kafkas Erzählung „Ein Bericht für eine Akademie“ (1917) machten jedoch auch klar, dass das Verhältnis der modernen Zivilisation zu den Affen tief in einem kolonialistischen und patriarchalen Diskurs verankert ist, der den Urmythos der Zivilisationswerdung durch Unterwerfung des Bestialischen widerspiegelt.
Die Ausstellung verknüpft eine anregende Auswahl an künstlerischen Arbeiten mit Episoden aus der Geschichte der Wissenschaften. Dabei wird auch deutlich, wie die meisten wissenschaftlichen Versuchsanordnungen eine Verdinglichung von Primaten im Dienste unterschiedlicher Forschungsagenden vorangetrieben haben, während andere Ansätze Affen in erster Linie als soziale und sogar kulturelle Wesen wahrnehmen. Die Repräsentation von Affen führt dabei fast immer auf ein unsicheres Terrain: Seit der Antike und bis in die Gegenwart repräsentieren affenartige Figuren Grenzen und deren Überschreitungen, spielen den (menschlichen) Sinnen und dem rationalen Denken einen Streich. In vielen Berichten und Beschreibungen sind dementsprechend Affen nicht nur Gegenstand des Spottes, sondern nehmen im Gegenzug die konventionellen Vorstellungen von Zivilisation aufs Korn.
Anhand von einer Auswahl an künstlerischen Arbeiten, dokumentarischen Werken und Filmen wirft die Ausstellung Ape Culture/ Kultur der Affen eine Reihe von Fragen auf. Welche Rolle etwa spielen die Rahmenbedingungen, die durch kulturelle Narrative geschaffen werden, für das Verständnis der conditio humana? Welche Rolle spielen insbesondere die spezifischen Umstände, durch die Affen als Objekte sowie als Subjekte zum Gegenstand wissenschaftlicher Erforschung werden? Offenbart die Erforschung der Primaten unsere (wenn auch teilweise impliziten) Grundannahmen, mit deren Hilfe wir unsere Untersuchungsgegenstände konstruieren? Und auf welche Weise beeinflusst die Beschäftigung der Menschen mit den Affen das Verständnis von sozialer Realität?