In Zürich haben sich in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zwei scheinbar gegensätzliche Kunstrichtungen entfaltet, die die Stadt in den Fokus der Kunstgeschichte rücken sollten: Dada, am 5. Februar 1916 in der Spiegelgasse 1 gegründet, und die konkrete Kunst, die im Zürich der 1930er Jahre zu einigen ihrer wichtigsten Manifestationen fand. Von beiden Kunstströmungen gehen bis heute wegweisende Impulse für das internationale Kunstschaffen aus. Und so unterschiedlich sie erscheinen, weisen sie doch eine entscheidende gemeinsame Schnittstelle auf: das Streben nach grösstmöglicher Autonomie. Beide brechen radikal mit dem konventionellen Kunstbegriff ihrer Zeit – Dada in den revolutionären Gesten einer aktionistischen Anti-Kunst, die konkret-konstruktive Strömung in der konsequenten Befreiung der künstlerischen Mittel aus ihrer nachbildenden Funktion. Während des Ersten Weltkriegs wird Zürich zum Zufluchtsort zahlreicher Kriegsgegner. Dada ist deren anarchistische Antwort auf die Gräuel des Krieges, auf bürgerliche Normen, auf Kunsttraditionen und festgefügte Rollenmodelle.
In der Ausstellung «DADA anders» richten wir den Fokus auf die drei herausragenden deutschsprachigen Künstlerpersönlichkeiten Sophie Taeuber-Arp (1889–1943), Hannah Höch (1889–1978) und Elsa von Freytag-Loringhoven (1874–1927), die die bis anhin eher männlich konnotierte Dada-Bewegung massgeblich mitgeprägt haben. Gleichzeitig markiert die Auswahl dieser sehr unterschiedlichen Protagonistinnen auch die drei geografischen Zentren der Dada-Bewegung, die 1916 in Zürich erstmals als solche benannt wurde, sich nach Berlin ausweitete und in New York ihre amerikanische Ausprägung fand.
Ausschlaggebend für das Ausstellungsprojekt war die Beobachtung, dass zwar einige Frauen im Dada mitwirkten, sie jedoch oft im Schatten ihrer männlichen Mitstreiter Hans Arp, Raoul Hausmann, Marcel Duchamp, Man Ray und Tristan Tzara standen. Bei näherer Betrachtung zeigt sich eine Vielfalt experimenteller Arbeiten in verschiedenen Medien, wobei insbesondere die multimedialen und performativen Ansätze der Dada-Frauen noch immer überraschend aktuell erscheinen. Während die Arbeiten von Sophie Taeuber-Arp und Hannah Höch bis heute weltweit in Ausstellungen gezeigt werden, ist das Œuvre der «Dada-Baroness» Elsa von Freytag-Loringhoven weitgehend unbekannt. Dabei nahm sie mit ihren skurrilen Kostümen, radikalen Auftritten, Readymades und visuellen Gedichten eine der provokantesten Positionen ihrer Zeit ein.
Die Ausstellung vereint zahlreiche Werke aus den Jahren 1916–1923, die uns von bedeutenden Sammlungen aus dem In- und Ausland zur Verfügung gestellt werden.