In der siebten Ausstellung der Studioreihe „Im Gespräch – Acht Untersuchungen zum subjektiven Wissen“ wird das Werk der niederländischen Bildhauerin Sophie Ernst präsentiert. Im Mittelpunkt ihrer künstlerischen Praxis steht das Verhältnis von Erinnerung zu Architektur im Spannungsfeld von Migrationsbewegungen. Dabei dient ihr die Videoprojektion als zentrales Element der Visualisierung von Erinnerung:
Die Ausstellung zeigt zwei Arbeiten aus ihrer fortlaufenden Serie „HOME“. Mit „HOME“ richtet Sophie Ernst ihren Blick auf die Geschichten von Menschen, die aufgrund gravierender politischer Umbrüche während der Partition (Teilung des indischen Subkontinents, 1947) miterlebten. Die befragten Personen sind aufgefordert ihr damaliges Zuhause aus ihrer Erinnerung aufzuzeichnen. Ernst übersetzt die Zeichnungen in Architekturmodelle, die sie durch Videoprojektionen belebt. Diese zeigen Hände beim Skizzieren, Korrigieren und Wegradieren von Linien – gleichzeitig sind die persönlichen Schicksale der Protagonisten zu hören. Mit „HOME“ gelingt es Ernst, dem Thema Migration eine architektonische Bühne zu bauen, auf der sie im Sinne der Oral History die Menschen sprechen lässt, die direkt von der Partition betroffen sind. Für die Ausstellungen wurden die Modelle der bedeutenden indischen Künstlerinnen Zarina Hashmi und Nalini Malani ausgewählt.
Neben „HOME“ wird eine weitere Arbeit der Künstlerin – eine Videodokumentation der Aktion „Silent Empress“ (2012) – gezeigt. Sophie Ernst montiert hier einer Statue Queen Victorias ein Megaphon vor den Mund. Die langjährige Herrscherin des Vereinigten Königreichs von Großbrittanien, Irlands und mehrerer britischer Kolonien – darunter Indien – ließ sich 1857 als Kaiserin von Indien krönen. Unfreiwillig verliest das Monument der einstigen Monarchin u.a. Ausschnitte aus von ihr verfassten Briefen, Reden Tony Blairs und David Camerons, welche die Kolonialherrschaft Großbritannien thematisieren. Mit „Silent Empress – By a Grateful People“ weist Ernst darauf hin, dass es Großbritannien bis zum heutigen Tag versäumt hat eine Entschuldigung gegenüber seinen ehemaligen Kolonialgebieten auszusprechen.
Sophie Ernst ist Bildende Künstlerin und zurzeit Promotionsstudentin im Doktoratsprogramm PhDArts der KABK, Den Haag/Universität Leiden (NL). Für „HOME“ erhielt sie den „Golden Cube Award“ des Dokfest Kassel. Zahlreiche Ausstellungen und Symposien, u.a. Yorkshire Sculpture Park (UK); The Herbert F. Johnson Museum of Art, New York; Sharjah Biennale.