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Historisches Museum Bielefeld


Ravensberger Park 2
33607 Bielefeld
Tel.: 0521 51 36 30
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Öffnungszeiten:

Mi-Fr 10.00-17.00 Uhr
Sa, So 11.00-18.00 Uhr

SportGeist. Die Kulturgeschichte von Turnen und Sport in Westfalen

13.04.2008 - 07.09.2008
„Frisch, fromm, fröhlich, frei“, „Gut nass“ oder „All heil“ – Grüße aus einer längst entschwundenen Zeit, die Doping und Millionengagen noch nicht kannte. Aber dafür Geräteturnen als politisch verdächtige Übung... Erstmals ist die Geschichte von Turnen und Sport in Westfalen Gegenstand einer Ausstellung. Vom Gustav-Lübcke Museum in Hamm konzipiert, macht die Ausstellung die unterschiedlichen Wurzeln und Ausrichtungen der deutschen Turnbewegung einerseits und der englischen „sports“ andererseits deutlich. Zahlreiche historische Exponate, darunter Sportgeräte, Fahnen und Trophäen, Sportkleidung und Dokumente veranschaulichen die Entwicklung der letzten 200 Jahre in ihren jeweiligen politischen, sozialen sowie kulturgeschichtlichen Bezügen. Das Philanthropin in Dessau und seine Nachfolger gaben im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts erste Impulse für das Turnen, die bald in den Schulunterricht unter freiem Himmel überführt wurden. Friedrich Ludwig Jahn, der als „Turnvater“ berühmt wurde, errichtete 1811 den ersten Turnplatz auf der Berliner Hasenheide. An seinen Turngeräten, die in der Ausstellung als Nachbau zu sehen sind, stählten die jungen Männer sich körperlich. Deutschnationale Ideen, die in der Zeit der Befreiungskriege gegen Napoleon großen Widerhall fanden, machten das Turnen zum Vorboten der Landesverteidigung. In der Restaurationszeit nach 1815 war die nationale Ausrichtung der Turner unerwünscht, die in vielen deutschen Staaten mit einer Turnsperre belegt wurden. Nach ihrer Aufhebung 1842 gründeten sich auch in Westfalen zahlreiche Vereine. Die Bielefelder Turngemeinde (BTG) sah sich als Kind der Revolution von 1848 den politischen Prinzipien von Einheit und Freiheit verpflichtet. Ihre Gründung verdeutlicht den politischen Kontext, in den die Turnbewegung eingebunden war. In den folgenden Jahren wurde das Turnen allmählich zu einem festen Bestandteil der Schullehrpläne, mit einiger Verspätung auch für Mädchen. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts kam der „sport“ nach Deutschland. Die an Wettkämpfen und Siegen orientierten Engländer eroberten mit Bewegungsspielen wie Boxen, Fußball, Rudern, Tennis, Pferde- und Radsport auch Westfalen. In Bielefeld entstand der erste Velocipedclub 1882 und bereits drei Jahre später konnte die erste Bielefelder Radrennbahn eingeweiht werden. Das Rad, zunächst als großbürgerliches Sportgerät genutzt, wurde seit Beginn des 20. Jahrhunderts zum alltäglichen Verkehrsmittel. Damals etablierten sich zunehmend Vereine, die sich speziellen Bereichen von Turnen und Sport widmeten. Die Mitgliedschaft in einem Sportverein war häufig auch Ausdruck sozialer Zugehörigkeit. In gewerbereichen Städten entstanden Arbeitersportvereine, die der Sozialdemokratie nahe standen und ein anderes Sportverständnis als die bürgerlichen Vereine pflegten. In der Ausstellung werden Geschichte und Tradition dieser Vereine wieder lebendig. Die Instrumentalisierung des Sports während des Nationalsozialismus und der Wiederaufbau der sportlichen Infrastruktur nach 1945 mit Besonderheiten wie Seifenkistenrennen sind weitere Themen. Sowohl der aktuelle Fitness- und Wellness- Boom als auch der Behindertensport mit dem Beispiel der „Bethelathletics“ werden in der Ausstellung berücksichtigt. Eine Aktionsfläche lädt die kleinen und großen Besucher ein, selbst sportlich aktiv zu werden. Geschick und Beweglichkeit sind dabei besonders gefragt. Ein gesondertes Begleitprogramm hält zahlreiche Veranstaltungen bereit.

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