© andreas130 / www.fotolia.de
KULTURpur - Wissen, wo was läuft!

Historisches Museum Hannover


Pferdestraße 6
30159 Hannover
Tel.: 0511 168 430 52
Homepage

Öffnungszeiten:

Di 10.00-19.00 Uhr
Mi-Fr 10.00-17.00 Uhr
Sa, So 10.00-18.00 Uhr

Sieben gegen den König. Ernst August und der Skandal von 1837

16.10.2007 - 13.01.2008
Ein schicksalträchtiges Jahr, dieses 1837. Nicht nur, dass die Personalunion zwischen Hannover und Großbritannien zu Ende ging und das Königreich Hannover wieder von der Leine aus regiert wurde - der Regierungsantritt von König Ernst August begann auch mit einem regelrechten Eklat: Sieben Göttinger Professoren beschuldigten das neue Staatsoberhaupt des Verfassungsbruchs und wurden daraufhin mit Berufsverbot und Ausweisung bestraft. Was war geschehen? König Ernst August hatte als eine seiner ersten Amtshandlungen das erst 1833 erlassene hannoversche Staatsgrundgesetz außer Kraft setzen lassen. Aber sein Versuch, mit der Rückkehr zur alten Verfassung von 1819 den Anspruch seine umfassende Macht als Monarch geltend zu machen, stieß auf heftigen Widerspruch: Am 18. November 1837 protestierten sieben Professoren der Göttinger Georg-August-Universität schriftlich gegen diesen Akt und rückten damit ins Licht der Öffentlichkeit. Wer waren diese sieben Männer, denen König Ernst August mit der ganzen Strenge seiner Autorität entgegentrat? Und wie verlief der Protest, der bald in ganz Deutschland wahrgenommen wurde? Wie dachten der neue hannoversche König und seine Beamten, und woher rührte die Härte ihrer Maßnahmen? Und nicht zuletzt: wie verhielten sich die Menschen im Königreich, in der Hauptstadt und in der Universitätsstadt Göttingen? Die facettenreiche Ausstellung "Sieben gegen den König . . ." vereint zahlreiche zeitgenössische Gemälde und Graphiken sowie kostbare Kunst- und Gebrauchsgegenstände, die z.T. erstmals öffentlich zu sehen sein werden. Rauminszenierungen und Medienangebote verdeutlichen die Auseinandersetzungen, die vor 170 Jahren um Staatsverfassungen und Treueschwüre geführt wurden. Die Schau charakterisiert die sieben Professoren und ihre durchaus unterschiedlichen Motive, gegen den König zu opponieren. Sie fängt die Atmosphäre der Universitätsstadt Göttingen ein und zeigt, wie Studenten mit ihren Schreibfedern, schnelle Postreiter, Schriftsetzer und Drucker die Protestation der Sieben Professoren in ganz Europa zu einem Medien-Ereignis machten. Auch König Ernst August - "von Gottes Gnaden" - wird vorgestellt und mit ihm die Residenzstadt Hannover, die nach 123 Jahren Abwesenheit des Landesherrn erst allmählich wieder zum Macht- und Regierungszentrum des welfischen Königreiches wurde. Die Göttinger Sieben wurden verteufelt und verklärt; diktatorische Regime vereinnahmten sie für sich, und in der demokratischen Bundesrepublik setzte man ihnen erneut ein Denkmal. Die achtzehn Physiker, die sich 1957 gegen die Atombewaffnung der Bundeswehr aussprachen, stellten sich mit ihrer "Göttinger Erklärung" in die Tradition der Sieben. Auch diese vielfältigen, jeweils zeitgebundenen, gelegentlich auch widersprüchlichen Nachwirkungen des Protestes von 1837 werden in der Ausstellung beleuchtet. In diesem Ausstellungsprojekt arbeiten das Historische Museum Hannover und das Museum Göttingen eng zusammen. Die Schau wird am 16. Oktober 2007 feierlich im Landtag durch Landtagspräsident Jürgen Gansäuer eröffnet und bis zum 13. Januar 2008 im Historischen Museum Hannover gezeigt. Am 23. Januar 2008 ist sie dann im Göttinger Museum zu sehen. Mit dem modernen Staatsgrundgesetz von 1833 war das Königreich Hannover durchaus "in guter Verfassung". Auf die Befreiung von napoleonischer Besatzung war zunächst eine strikte Restaurationspolitik gefolgt, die den gesellschaftlichen Wandel behinderte. Erste Proteste hatten dazu geführt, dass auch Hannover zur konstitutionellen Monarchie mit Vorstufen einer parlamentarischen Vertretung wurde. Schon von England aus hatte Ernst August als möglicher Thronfolger diese Entwicklung scharf kritisiert. Als Machthaber in Hannover ließ er Taten folgen. Die Protestation von 1837 gegen die Aufhebung der Verfassung hatte für die Unterzeichner schwerwiegende Folgen: Wilhelm Grimm, Jacob Grimm, Wilhelm Eduard Albrecht, Friedrich Christoph Dahlmann, Georg Gottfried Gervinus, Wilhelm Eduard Weber und Heinrich Georg August Ewald wurden von Ernst August aus dem Amt entlassen. Dahlmann, Gervinus und Jacob Grimm wurden des Landes verwiesen, und auch die übrigen mussten das Königreich Hannover auf der Suche nach neuen Anstellungen verlassen. Doch die einmal in Gang gesetzte Kampagne war nicht mehr aufzuhalten. Studenten verbreiteten durch Abschriften den Protestbrief in ganz Deutschland und unterstützten damit die Forderung nach einer liberalen Regierung. Der Aufruf blieb nicht ungehört. In "Göttinger Vereinen" zusammengeschlossene Bürger machten es sich zur Aufgabe, durch Spenden das Gehalt der entlassenen Professoren zu sichern. Diese Sympathie und Solidarität waren Anzeichen dafür, dass die konservative Haltung des Königs früher oder später einer demokratischen Politik würde weichen müssen. Einige der äußerst populär gewordenen "Helden" von 1837 kehrten als Mitglieder der Frankfurter Nationalversammlung 1848 auf die politische Bühne zurück. Die Göttinger Universität hatte dagegen noch lange unter dem Verlust ihrer bedeutenden Lehrer zu leiden. Die Ausstellung "Sieben gegen den König . . ." widmet sich dem spektakulären Ereignis der "Protestation" von 1837, den gesellschaftlichen Voraussetzungen sowie den politischen Folgen auf dem Weg zum deutschen Parlamentarismus. Sie thematisiert den Widerstand der Sieben Professoren vor seinem zeitgeschichtlichen Hintergrund sowie seine Folgen und die Erinnerung, die sich seither daran knüpft. Ein Aspekt sind auch die "Göttinger 18", jene Professoren, die sich vor genau 50 Jahren energisch gegen die Aufrüstung der Bundeswehr mit Atomwaffen aussprachen. Das Konzept der Ausstellung bietet zahlreiche Anknüpfungspunkte für den Geschichts- und Politikunterricht. Dafür stellen die beiden Museen Quellentexte, historisches Bildmaterial sowie Arbeitsblätter zur Verfügung. Sie stehen im Internet unter www.goettinger-sieben.info bereit. Gleich nach dem Start der Ausstellung bieten wir am 7. November um 17:30 Uhr einen speziellen Rundgang für Fachlehrerinnen und Fachlehrer an, der die didaktische Struktur der Ausstellung und die Arbeitsmöglichkeiten im Museum vorstellt. Schon jetzt beantworten wir gerne Ihre Fragen, nehmen Ihre Anregungen auf und verabreden Führungen mit Ihren Lerngruppen.

KULTURpur empfehlen