09.02.2011 - 08.05.2011
Auf dem Weg zur Arbeit einen Coffee-to-Go, nachmittags in aller Ruhe eine Tasse Tee und zwischendurch eine stärkende Schokolade: Der Genuss dieser Getränke bereichert unseren Alltag und wir möchten (können?) kaum darauf verzichten. Die Ausstellung, eine Kooperation des Historischen Museums Hannover und des Museums im Schloss Fürstenberg, geht auf Spurensuche nach den Anfängen und Veränderungen des Konsums der "heißen 3" in den letzten dreihundert Jahren. Sie zeigt, wie Kaffee, Tee und Kakao für uns heute zu Selbstverständlichkeiten geworden sind.
1796 klagte der hannoversche Verwaltungsbeamte Patje darüber, dass der Bierverbrauch "durch den überhand genommenen Gebrauch des Kaffee sehr gelitten hat." Er umschrieb damit eine kleine Revolution der Ernährungsweise im späten 18. und 19. Jahrhundert. Der Wandel der Alltagsgewohnheiten, der sich damals allmählich vollzog, prägt unser Verhalten bis heute. Insbesondere die Verbreitung des Kaffees trug dazu bei, dass der Verzehr von Suppen und Brei mit Kaltgetränken wie Wasser, Milch und Bier nach und nach durch feste Brotnahrung und Heißgetränke verdrängt wurde. An die Stelle der Frühstückssuppe trat der Frühstückskaffee.
Dabei war der arabische Kaffee in den hannoverschen Landen erst um 1700 aufgetaucht. Wie der chinesische Tee und die aus amerikanischem Kakao hergestellte Trinkschokolade war der Kaffee zunächst ein reiner Luxus und eine Mode der Wohlhabenden. Im Gegensatz zu den beiden anderen Heißgetränken fand Kaffee im Volk schnell Anklang. Die um ihren Absatz besorgten Bierbrauer protestierten, die Obrigkeit reagierte mit Verboten. Kaffeehäuser, die seit 1750 in den Städten von zugewanderten Konditoren aus der Schweiz eingerichtet wurden, förderten die Popularisierung der "heißen 3". Der zunächst noch teure Rohrzucker sorgte dafür, dass die bitteren Getränke gaumenfreundlich wurden. Wer sich die kostspieligen Getränke nicht im Original leisten konnte, also die breite Masse der Bevölkerung, griff bereits um 1800 auf Ersatzstoffe wie geröstete Zichorienwurzeln, Gerste, Eicheln und Mandeln zurück.
Mit den neuen Geschmacksvorlieben ging die Entwicklung einer luxuriösen Geschirrkultur einher. Das zeitgleich mit den exotischen Getränken in Anlehnung an chinesische Vorbilder nacherfundene Porzellan steigerte den Genuss der Heißgetränke. Denn Porzellan war ästhetisch anspruchsvoll gestaltet und geschmacksneutral. Die 1747 im Weserbergland gegründete Porzellanmanufaktur Fürstenberg produzierte zunächst ausschließlich für den anspruchsvollen Bedarf des Herzogs in Braunschweig. Später diente das dort gefertigte kostbare Geschirr dem Adel und wohlhabenden Bürgertum zur Verfeinerung ihrer Tischkultur. Zur Massenware wurde Porzellan erst im Laufe des 19. Jahrhunderts.
Auch die "heißen 3" wurden erst im ausgehenden 19. Jahrhundert zu selbstverständlichen Bestandteilen des bürgerlichen Alltags. Vor allem durch den Massenimport von Kaffee- und Kakaobohnen sowie Teeblättern aus den Kolonien und die industrielle Verarbeitung der exotischen Früchte wurden die Heißgetränke zu einem zwar immer noch kostspieligen, aber für breite Schichten erschwinglichen Genuss. Zeitgleich etablierten sich die Kaffeehäuser. Das 1869 von Johann Robby gegründete Café im neuen Stadtzentrum, das später als Café Kröpcke berühmt wurde, ist nur eines von vielen Beispielen für die Bereicherung der hannoverschen Stadtkultur.
Die durch Verfahren zur Entfettung des Kakaos möglich gewordene Produktion von Tafelschokolade schuf neue Industriezweige und Absatzmöglichkeiten für Kakaowaren. Der Erfolg der 1853 von Bernhard Sprengel in Hannover gegründeten "Fabrication von Chocolade, Bonbons und Konditoreiwaaren" basiert auf diesen Innovationen. Kakao, der in der höfischen Adelskultur in das Spiel der galant-erotischen Verführung einbezogen wurde, etablierte sich nun in Kombination mit Zucker und Milch - als das süße Genussmittel für Frauen und Kinder. Seit den 1920er Jahren wurden heiß- und kaltlösliche kakaohaltige Getränkepulver wie "Kaba" und "Nesquick" erfolgreich vermarktet. Schokolade - wie auch Kaffee und Tee - wurde allerdings erst in der bundesdeutschen Wohlstandsgesellschaft der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zu einem preiswerten Vergnügen für alle.
Heutige Trends weisen in zwei entgegen gesetzte Richtungen: Entweder werden die "heißen 3" beiläufig und nebenbei als Energiespender und Wachmacher konsumiert oder sie werden zu aufwendig gefertigten Luxusgütern mit Sex-Appeal stilisiert.
Die Ausstellung präsentiert die Kultur des Genusses der "heißen 3" von den Anfängen im 18. Jahrhundert bis heute. Anhand von Mühlen, Röstern, Kaffee- und Teemaschinen sowie Geschirr zeichnet sie den Wandel der Rohstoffverarbeitung und der Konsumformen in Norddeutschland nach. Werbeträger zeugen von der Geschichte weltbekannter und regional bedeutender hannoverscher Unternehmen, die sich auf die Veredelung und den Handel mit den "heißen 3" spezialisiert haben.