Maya Deren (1917-1961) gilt als die bedeutendste Avantgarde-Filmemacherin des 20. Jahrhunderts. Ihr Meshes of the Afternoon (1943, gedreht mit Alexander Hammid) ist aus dem modernistischen Kanon nicht wegzudenken. Zwischen 1947 und 1955 begab sich Deren mehrere Male nach Haiti, um Tanz und Trance im Rahmen von Voudoun-Ritualen zu studieren.
Die rund 6 Stunden Rohfilm, die auf Haiti entstanden sind, hat die Künstlerin selbst nicht mehr geschnitten und montiert. Das Material gibt aber Hinweise auf den seltenen Balanceakt, der Derens Kamera gelang: weder erstarrt der Film in der Distanziertheit anthropologischer Betrachtung noch kollabiert er in romantischer Überidentifizierung.
In Kooperation mit dem Anthology Film Archive (New York) und der Filmemacherin Martina Kudlácek (Wien) unternimmt das Johann Jacobs Museum die Restaurierung dieses nahezu unbekannten Materials, das 2017 der Öffentlichkeit vorgestellt werden soll. Daneben kartografiert die Kulturanthropologin Silvy Chakkalakal (Basel) den künstlerisch-wissenschaftlichen Zusammenhang, in dem Derens Haitian Rushes stehen. So liess sich Deren von dem ethnografischen Filmmaterial über kollektive Trancerituale, religiöse Zeremonien und das Tanzenlernen der Kinder inspirieren, das Margaret Mead und Gregory Bateson aus Bali mitgebracht hatten.
In dieser ersten Ausstellung zu Deren werden wie bei einer Versuchsanordnung die Materialien und Formen ausgebreitet, die zum Verständnis der Haitian Rushes und der Filmsprache von Maya Deren unverzichtbar sind.