23.03.2010 - 03.10.2010
Moritz Daniel Oppenheims „Bilder aus dem altjüdischen Familienleben“ waren ein Verkaufsschlager. Als der Zyklus 1866 im Frankfurter Kunstverlag Heinrich Keller erschien, war Moritz Daniel Oppenheim (1800–1882) bereits ein gefragter Porträtmaler des wohlhabenden und emanzipierten jüdischen Bürgertums. In einigen Ölgemälden hatte er auch jüdische Szenen dargestellt. Die Mappe mit Lichtdrucken aber machte ihn zum gefeierten „ersten jüdischen Maler“ und Begründer der jüdischen Genremalerei. Bis 1882 wurde die Kunstmappe immer wieder neu aufgelegt; sie umfasste anfangs sechs, zum Schluss zwanzig Blätter, von denen hier acht aus der Ausgabe von 1869 gezeigt werden. Für die Lichtdrucke hatte der Maler von seinen Ölgemälden eigens Grisaillen angefertigt, die mit ihren Grautönen damals die einzige Möglichkeit für eine gute photographische Wiedergabe boten.
Die Serie zeigt harmonische Szenen von der häuslichen Schabbat-Feier und aus dem jüdischen Festkalender. Oppenheim versetzt das Geschehen in eine städtische Judengasse, kurz vor deren Öffnung am Ende des 18. Jahrhunderts. Seine historisierenden Darstellungen geben keinen verklärten Blick in die ärmlichen Verhältnissen des Ghettos, sondern zeigen eine wohlhabende Familie des aufstrebenden Bürgertums, die mit großem Selbstbewusstsein eine religiöse Eigenständigkeit lebt.
Oppenheim schöpft bei seinen Darstellungen aus christlichen wie jüdischen Bildvorlagen, die er abändert und innovativ bereichert. Detailliert erläutert er mit zahlreichen Ritualobjekten die altehrwürdigen Bräuche im Kreis der Familie. Diese wird als Bewahrerin jüdischer Tradition dargestellt. Die Polarisierung zwischen traditionellem und modernem Judentum, die Oppenheims Zeitgenossen und seine eigene Gemeinde spalteten, vermeidet der Maler. So verkörpern die Bilder aus dem Altjüdischen Familienleben seine Vision eines modernen, selbstbewussten, gleichberechtigten und dennoch traditionsbewussten Judentums und ein Plädoyer für Toleranz.