14.09.2012 - 04.11.2012
Die kestnergesellschaft zeigt eine Kombination aus neuen, noch nie gezeigten Arbeiten und früheren Werken des Bildhauers Anthony Cragg. Die Ausstellung, die in den Räumen der kestnergesellschaft und der NORD/LB art gallery präsentiert wird, vermittelt ein Bild des vielschichtigen Schaffens des international bedeutenden Künstlers.
Anhand von ausgesuchten Einzelstücken aus unterschiedlichen Schaffensperioden wird die Matrix Craggs gespiegelt. Raumgreifende Werke werden genauso vertreten sein wie kleinere Skulpturen, Zeichnungen, Drucke und Grafiken. Die kestnergesellschaft verdeutlicht damit Einflüsse und Arbeitsweise des Bildhauers und bietet einen Einblick in sein umfassendes Œuvre. Skulpturen der Werkserien »Early Forms« und »Rational Beings«, die vorwiegend in den letzten zwei Jahrzehnten entstanden, sind genauso vertreten wie frühere Arbeiten, die deutlich von einer Auseinandersetzung mit der Arte Povera und Land Art des jungen Craggs sprechen. Über das Sammeln, Ordnen und Verbinden gefundener Materialien aus seiner Umgebung thematisierte Cragg Anfang der 1980er-Jahren die vielfältigen Beziehungen des Menschen zu seiner Umwelt. Diese bilden noch heute zusammen mit einem ausgeprägten Intersse für organische und molekulare Prozesse und Formen einen inhaltlichen Schwerpunkt im Werk von Cragg, der mit der Schaffung jeder neuen Skulptur Energien und Potenzial des von ihm bearbeiteten Materials freisetzt.
Anthony Cragg (*1949 in Liverpool, lebt in Wuppertal) zählt zu den international einflussreichsten und bekanntesten Bildhauern weltweit. Bereits 1985 präsentierte die kestnergesellschaft seine skulpturalen Arbeiten. 1988 erhielt Cragg den Turner Prize und im gleichen Jahr bespielte er den britischen Pavillon auf der Venedig Biennale. Seitdem war Cragg mehrfach auf der documenta in Kassel vertreten und wurde mit zahlreichen prominenten Preisen ausgezeichnet, unter anderem mit dem Praemium Imperiale für Skulptur des japanischen Kaiserhauses (2007). Seit 1977 lebt Cragg in Wuppertal und seit 1978 arbeitet er an der Kunstakademie Düsseldorf, zunächst als Lehrender und seit 2009 als Rektor. 2008 eröffnete er den Skulpturenpark Waldfrieden, in dem neben seinen, zahlreiche Arbeiten international bedeutender Bildhauerkollegen zu sehen sind.
Parallel dazu zeigt die kestnergesellschaft Arbeiten des legendären, mit Fotografie arbeitenden US-amerikanischen Künstlers Lewis Baltz. Die retrospektiv angelegte Ausstellung untersucht das vielseitige Œuvre eines zentralen Künstlers der konzeptuellen Fotografie und ist eine Kooperation mit dem Kunstmuseum Bonn.
In der Ausstellung prominent vertreten sind u.a. die bekannten Serien The Prototype-Works, The New Industrial Park und Candlestick Point, aus den späten 1960er- und frühen 1970er-Jahren, die mit zersiedelter Landschaft und verwahrlosten Vorstädten die negativen Auswüchse der Nachkriegskonjunktur in Kalifornien beleuchten. In den seriellen Arbeiten richtet Baltz seine Kamera mit sachlich-nüchternem Blick auf neu geschaffene Industrieanlagen, wuchernde Vorstadtsiedlungen, Hausfassaden, Schaufenster und Reklametafeln. Die fast abstrakten Fotografien mit ihrer Reduktion auf wenige architektonische Details, avancierten zu Klassikern der konzeptuellen Fotografie. Die kestnergesellschaft stellt überdies die Serien Near Reno (1986/87) und Continuous Fire Polar Circle (1986) aus, die die ökologischen und sozialen Auswirkungen eines Real Estate Booms an den Rändern der US-amerikanischen Mittelschicht dokumentieren.
Die Ausstellung zeigt auch die Veränderung im Schaffen Lewis Baltz‘, der 1986 nach Europa emigrierte.
Anhand der ausgestellten Serie Sites of Technology (1989/90) und des Fries Ronde de Nuit (1992/95) wird deutlich, wie Baltz seinen Stil änderte und an die Stelle kleinformatiger, minimalistischer Schwarz-Weiß-Serien, große, farbige Motive treten ließ. Innenaufnahmen von Forschungsanlagen, Konzernzentralen und Kraftwerken bezeugen die Trostlosigkeit moderner Industriekonzerne und Baltz‘ Skepsis gegenüber dem vermeintlichen Fortschritt wirtschaftlichen Wachstums.
Lewis Baltz (*1945 in Newport Beach, lebt in Paris und Venedig) ist einer der bedeutendsten internationalen Vertreter der konzeptuellen Fotografie. Er arbeitete in den 1970er Jahren an der US-amerikanischen Westküste und wurde als erster mit Fotografie arbeitender Künstler in das Programm der renommierten Leo Castelli Galerie in New York aufgenommen. Bis 2003 hatte er Lehraufträge an unterschiedlichen amerikanischen wie europäischen Hochschulen. Seit 2004 ist Baltz Professor am Instituto Universatario di Architecture de Venezia (Venedig). Außerdem arbeitet er seit dem Jahre 2002 als Professor für Konzept-Fotografie an der European Graduate School in Saas-Fee (Schweiz).