Klostermuseum Ochsenhausen

Das große Thema der im letzten Jahr im Alter von 99 Jahren in ihrer Geburtsstadt Tübingen verstorbenen Irmela von Hoyningen-Huene war die Musik. Wer dabei allerdings eine Art Bebilderung, eine graphische Partitur oder gar akustische Messwerte in Diagrammform erwartet, wird enttäuscht. Es ging ihr um eine komplexere, vielschichtigere Umsetzung von Ton und Klang in Bilder. „Was ich höre, sehe oder erlebe, nehme ich in mich auf“, erläuterte die Künstlerin einmal den Entstehungsprozess ihrer Arbeiten. „Es kommt auf Papier, wenn ich Zeit habe“. Dieses Aufnehmen, Aneignen und Widergeben geschieht bei Irmela von Hoyningen-Huene auf eine Weise, die am ehesten mit dem Prinzip der musikalischen Variation vergleichbar ist. Mit engmaschigen Bleistiftstrichen konzentriert die Künstlerin auf dem engen Raum immer gleicher kleiner Papierformate eine undurchdringliche, geheimnisvolle Welt. Es finden sich Assoziationen an Klänge und Klangerinnerungen, an Tonwelten, an Improvisationen und Fantasien. Dabei ließ sich Irmela von Hoyningen-Huene von Musik der verschiedensten Stilrichtungen inspirieren: von Bach und Mozart ebenso wie von Oper, Jazz und afrikanischen Klängen.
Die als „Virtuosin mit dem Bleistift“ bezeichnete Künstlerin war eine Spätberufene. Erst mit 65 Jahren kam sie zur Kunst und noch bis zum Vorabend ihres Todes zeichnete sie unermüdlich. In über drei Jahrzehnten ist so ein ebenso umfangreiches wie erstaunliches Spätwerk entstanden, das viel Bewunderung gefunden und mit Preisen und Auszeichnungen bedacht wurde – so 1987 mit dem Erich-Heckel-Preis des Künstlerbundes Baden-Württemberg. Die Ausstellung im Ochsenhausen Klostermuseum findet zum 100. Geburtstag statt, den Irmela von Hoyningen-Huene heuer gefeiert hätte. Aus diesem Anlass erscheint erstmals auch ein umfangreiches Werkverzeichnis über die Künstlerin.