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Reto Camenisch: Porträts aus 30 Jahren

08.11.2012 - 02.12.2012
Der 1958 geborene Reto Camenisch ist in Thun aufgewachsen und hat dort, 20jährig, sein erstes Atelier eröffnet. Er machte Werbefotografie, sein eigentliches Interesse galt aber von Anfang an dem Fotojournalismus. Porträts und Reportagen erschienen u.a. in „NZZ-Zeitbilder“ „Du“, „Das Magazin“, „FAZ Magazin“ und „Geo“. 1993 kam sein erster Bildband heraus, „Bürgerbilder“, der – vom Stadtpräsidenten bis zum Feldmauser – quer durch die Thuner Gesellschaft führte. In den Jahren danach war Reto Camenisch oft auf Reisen, immer wieder vor allem im Mississippi-Delta. Daraus entstand 1997 „Bluesland“, eine fotografische Erkundung einer Landschaft und ihrer Menschen, die zugleich voller Sehnsucht und Bitterkeit ist. „Bluesland“ bewegt sich im Grenzbereich zwischen Reportage und Essay und gehört zu den herausragendsten Arbeiten dieser Art in der Schweizer Fotografie des späten 20. Jahrhunderts.
Ein paar Jahre später entschied sich Camenisch ganz für die freie Fotografie. Er habe die Langsamkeit entdeckt, schrieb Beatrice von Matt. Mit schwerer Kamera war er unterwegs, in Marokko und auf Lanzarote, in Tansania und Neuseeland, im Engadin und im Berner Oberland, und fotografierte karge, menschenleere Landschaften. Den 2006 erschienenen Bildband dieser Reisen – eine fotografische Meditation über Orte und Räume, die mit herkömmlichen Zeitkategorien nicht mehr zu fassen sind – nannte er knapp und provokativ „Zeit“. Man hätte meinen können, Camenisch sei an den Rändern der Welt angekommen. Aber er ging noch weiter. Neun Monate, drei davon zu Fuss, zog er 2009 durch Nepal und Tibet. Diesmal bewegte er sich nicht nur am Rand der Welt – oder auf deren Dach –, sondern oft auch entlang der eigenen Grenzen. Von der Reise handelt der 2011 herausgekommene Bildband „Berge Pilger Orte“.
Thun – Clarksdale, Mississippi – Nepal: Es ist ein weiter Weg, den Reto Camenisch in gut 30 Jahren zurück gelegt hat. Eines hat er dabei immer auch gemacht: Die Menschen fotografiert, die er getroffen hat, die ihm Geschichten erzählt, die ihn begleitet und vielleicht nicht mehr losgelassen haben, die ihn verführt oder irritiert, berührt oder auch abgestossen haben. Unter den vielen Porträts, die überall dort auf der Welt entstanden sind, wo Reto Camenisch hingekommen ist, hat es Freunde und Freundinnen, flüchtige Bekanntschaften und Gesichter am Wegrand, es hat Vietnam-Veteranen, Tätowierte und einen Thunersee-Kapitän; es hat Bruno Manser, Franz Gertsch und den legendären Paparazzo Eduard Quinn; es hat Ali Farka Touré, Elivs-Entdecker Sam Phillips, die Bluessängerin Etta Baker, bei der Bob Dylan das Gitarrenspielen lernte, oder Züri West in Philadelphia.
Die Ausstellung im Stadtsaal des Kornhausforum vermittelt erstmals in dieser Breite einen Überblick über die Porträtfotografie von Reto Camenisch seit den frühen 1980er-Jahren. Zur Ausstellung erscheint in der edition stephan witschi ein Bildband.

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