Kunsthallen sind baugeschichtlich eine vergleichsweise junge Gebäudegattung. Sofern sie eigens für die Präsentation von Kunst errichtet wurden, waren die „Palais de beaux art“ des 19. Jahrhunderts zumeist neobarocke historisierend Stuck verzierte Orte der Muße. Architektonisch harmonisch proportioniert und wertig geschmückt boten sie dem hären Ideal des Geistigen einen Schutzraum, einen vermittelnden Rahmen gegenüber den Unbill, der Banalität und der Rohheit des Manchester Kapitalismus der sich globalisierenden Industriegesellschaft.
Doch im Zuge der Moderne geriet der schützende, vermittelnde Rahmen in die Kritik. Ein aufrichtiger Gedanke, eine Idee, ein künstlerischer Ausdruck musste allein im Chaos des Weltenwerks bestehen oder untergehen. Dazwischen gab es nichts. Das Ornament wurde zum Verbrechen und Schönheit ergab sich nun aus der Kraft der Wahrhaftigkeit. Offenheit und Transparenz an Stelle eines vorgetäuschten Scheins, materialgerechte Verwendung statt eines eklektizistischen Wertebezugs wurden zur Grundlage der Architektur einer humaneren Welt von Gleichberechtigung und Mitbestimmung.
In dieser ideengeschichtlichen Tradition entstand auch die Kunsthalle Bremerhaven von 1964: Transparent durch eine umlaufende Fensterfront im Erdgeschoss, funktional gegliedert im Obergeschoss und innen sowie außen wahrhaftig in der Sichtbarkeit der verwendeten Baumaterialien.
Allerdings veränderte sich nicht nur die Architektur der Kunsthallen. Auch ihre Nutzung erfuhr einen Wandel. Mit der Konzeptkunst wurde die Bezugnahme auf die Umgebung zur künstlerischen Praxis. Selten ist etwas nur so, wie es auf den ersten Blick hin scheint. Das Infrage stellen von Gewissheiten war schon immer ein probates Mittel der Kunst und durch mehr oder minder radikale Eingriffe transformierten die Künstler die Ausstellungsräume immer häufiger von einer vermeintlich neutralen Bühne ihrer Werke zum Objekt ihrer Kunst selbst.
So auch der Künstler Christian Haake: „Christian Haakes Arbeiten überzeugen durch eine große Eigenständigkeit im Medium der Installation und führen auf intelligente und durchdachte Weise unterschiedliche inhaltliche Stränge zusammen. Der Raum, in dem er seine Werke positioniert, spielt dabei eine wesentliche Rolle, indem er in seinen Charakteristika aufgenommen und gespiegelt wird. Der vorgefundene Raum wird quasi nutzbar gemacht für seine Inszenierungen. Ort und Arbeit fügen sich so zu einer Kulisse zusammen, die die Sprache des Kinos zitiert und in ihren unerfüllbaren Ankündigungen einen Sehnsuchts- und Imaginationsraum eröffnet.“ (Zit. aus der Begründung zur Verleihung des Bremer Förderpreises für bilden Kunst)
Christan Haake, 1969 in Bremerhaven geboren, studierte zunächst Kunstwissenschaften und Philosophie an der Universität Bremen. Ab 2003 schloss er ein Kunststudium an der Hochschule für Künste in Bremen an. Gruppen- und Einzelausstellungen im In- und Ausland sowie eine Vertretungsprofessur folgten. Für seine subtilen, handwerklich präzisen Transformationen mehrfach ausgezeichnet, präsentiert der Künstler in der Ausstellung SPINS/CIRCLES/ABTRACTS nun erstmals eine repräsentative Auswahl seiner Arbeiten - in der Kunsthalle Bremerhaven.