© andreas130 / www.fotolia.de
KULTURpur - Wissen, wo was läuft!

Kunsthalle Erfurt


Fischmarkt 7
99084 Erfurt
Tel.: 0361 655 5660
Homepage

Öffnungszeiten:

geschlossen wegen Renovierung

Cony Theis: See me

16.05.2010 - 11.07.2010
Das Gesicht ist der Spiegel der Seele. Dieser häufig zitierte Satz trifft den Kern der traditionellen Auffassung vom Porträt, doch ist diese zu einem Problemfall geworden, seit Lavaters Studien zur Physiognomik oder später die NS-Rassentheorie systematisch äußere Merkmale einer menschlichen Erscheinung auf Inneres, den Charakter bzw. die rassischen Wurzeln, zurück führten. Die physiognomischen Argumente dieses Porträtbegriffes gerieten durch den Verlauf der Geschichte gründlich in Misskredit, nicht jedoch das Porträt selbst und der dahinter liegende Wunsch nach Einfühlung in ein anderes Ich-Bewusstsein. Die Kölner Künstlerin Cony Theis (*1958) hat ungewöhnliche Methoden und Formen erfunden, mit diesem Genre zu arbeiten. Als Zeichnerin bei Gericht hat sie einerseits zeigen können, wie schnell und mit welchen Mitteln man bildnerisch Eindrücke vom charakteristischen Äußeren einer Person erzielen kann. Sie hat aber zugleich auch bemerkt, wie fremd die jeweilige Person, ob als Täter oder als Opfer, letztlich bleiben muss. Vermutlich weckte diese Erfahrung in ihr das Bedürfnis, Porträts von Menschen zu formen, die über die tradierten Vorstellungen hinaus gehen. Viele dieser „Forschungsprojekte zum Porträt“ sind Langzeitstudien, die auf interaktiven Konzepten beruhen. Cony Theis fand und findet Formen der Einwirkung der jeweils Porträtierten auf den Prozess des Porträtierens. Konkret heißt das, sie ermutigt ihr Gegenüber, am entstehenden Bild mitzuarbeiten, Ideen und Wünsche, aber auch eigene Formen einzubringen. Mitunter erarbeiten die Porträtierten eine Vorlage, auf welche die Künstlerin inhaltlich und formal reagiert – ein Austauschprozess, in dem sich nicht selten viele Phasen des Gebens und Nehmens gegenseitig anreichern. Im Prinzip der Montage und der Integration von Fremdelementen sieht die Künstlerin eine legitime Möglichkeit zur Bereicherung und Ausweitung des konventionellen Porträts mit dem Ziel, die „Authentizität der Äußerung des Anderen“ im eigenen Bild vom Anderen zu sichern. Es geht ihr nicht mehr um die Korrespondenz von Wesen und Erscheinung, von Vor-Bild und Abbild, sondern um den sichtbar werdenden Bruch, den das unverfügbare, andere Ich-Bewusstsein den eigenen Vorstellungen vom Gegenüber – und dem darauf basierenden Bildnis – zufügt. Es geht im Kern also um einen neuen Porträtbegriff: als dem formgewordenen Ausdruck von Alterität.

KULTURpur empfehlen