20.07.2007 - 07.10.2007
Diesen Sommer zeigt die Kunsthalle der Hypo-Kulturstiftung mit rund 250 Zeichnungen, Gemälden und Skulpturen, die bisher größte Auswahl aus der einmaligen Sammlung von Jan Krugier und Marie-Anne Krugier-Poniatowski. Damit wird eine lose Reihe von Ausstellungen fortgesetzt, die private Sammler und damit sehr unterschiedliche, aber jeweils sehr persönliche Auseinandersetzungen mit Kunst und Kunstgeschichte in München vorstellt. Den Auftakt machte Karl-Ernst Osthaus, der als Gründer des Museum Folkwang 2004 in der Kunsthalle mit seinen Schätzen präsentiert wurde. Nach Henri Nannen und seiner Kunsthalle in Emden steht mit dem Ehepaar Krugier-Poniatowski in diesem Jahr nun eine bislang noch nicht öffentlich zugängliche Sammlung im Blickpunkt. Ergebnis ihrer 40-jährigen Sammeltätigkeit sind Meisterwerke von Künstlern wie Bonnard, Carracci, Cézanne, Delacroix, Friedrich, Géricault, Goya, Klee, de Kooning, Manet, Matisse, Parmigianino, Picasso, Rembrandt, Turner, Watteau und vielen anderen.
Ausgangspunkt war der Erwerb einer Zeichnung von Seurat im Jahr 1968. Jan Krugier und seine Frau, die Künstlerin Marie-Anne Krugier-Poniatowski, Prinzessin aus polnischem Hochadel, haben seither aus ihrer Faszination für die häufig eher stillen Arbeiten auf Papier eine sehr persönliche Kunstsammlung zusammengetragen. Die künstlerische Wirkungskraft der Linie, die in monochromen Tonabstufungen die Modellierung von Licht und Schatten erzeugt, ist für alle Künstler, ob Maler oder Bildhauer eine grundlegende Technik. In diesem intimen Medium haben sie oft ihre großartigsten Leistungen vollbracht. Neben den Arbeiten auf Papier runden erstrangige Gemälde und Skulpturen sowie Kunstwerke außereuropäischer Kulturen diese in Fachkreisen längst weltberühmte Sammlung ab. Mit großer Kennerschaft und unbestechlichem Auge haben Jan Krugier und seine Frau eine Kunstkammer aufgebaut, die über Länder- und Epochengrenzen hinweg Verknüpfungen und Nachbarschaften anschaulich macht. Durch solchen Dialog wird gleichsam die Essenz von Kunst als Notwendigkeit des Menschlichen vergegenwärtigt, denn das Sammeln von Kunst erlaubt Jan Krugier die Albträume seines Lebens zu bewältigen. Für ihn ist Kunst eine Möglichkeit, sich mit jener Menschheit zu versöhnen, deren Abgründe er früh kennen lernen musste. 1928 in der Nähe von Warschau geboren, hat der damals 17 Jährige als einziges Mitglied einer Jüdischen Familie das Konzentrationslager überlebt. Aufgenommen von einer Schweizer Freundin der Familie, lebt er zunächst in Zürich. Sein Wunsch Künstler zu werden führt ihn zu Alberto Giacometti, der zu einem echten Freund und prägenden Vorbild wird. Krugier folgt ihm 1947 nach Paris und lässt sich von ihm davon überzeugen, einen anderen, als den geplanten Lebensweg einzuschlagen. So lässt Jan Krugier das Künstlerdasein hinter sich, und betreibt eine bis heute weltweit führende Galerie in Genf.
Durch ein geradezu symbiotisches Kunstverständnis hat das Ehepaar Krugier-Poniatowski gemeinsam eine Kollektion von gleichermaßen historischer Breite wie Tiefe aufgebaut: Sie reicht von Jacopo Bellini und Cosmè Tura bis zu Edward Hopper und Robert Rauschenberg und ist trotzdem keine beziehungslose Anhäufung von Meisterwerken, obwohl sie zweifellos an solchen überreich ist. Der Dialog zwischen den Kunstwerken aus verschiedenen Epochen definiert nicht nur das Kunstverständnis der beiden Sammler, sondern das Wesen der Sammlung selbst. Die Einsicht in die künstlerische Verwandtschaft zwischen Kriegsverbrechen, dargestellt von Goya, und einem fragmentierten Körper, wie ihn Bacon zeigt, gründet in der Tatsache, dass Bestialität und Grausamkeit in der Geschichte der Menschheit eine zutiefst existenzielle Bedingung darstellen. Umgekehrt birgt die Kunst aber auch die rettende Kraft der Schönheit, wie sie im Klassizismus eines Ingres hervorgehoben wird, und einige Generationen später von einem Picasso wieder neu definiert wird. So sind es auch nicht äußerliche oder formale Gemeinsamkeiten, die Jan Krugier und Marie-Anne Krugier-Poniatowski veranlassen, europäische Skulptur mit denselben Augen zu sehen wie ägyptische oder afrikanische. Die Sammlung Krugier-Poniatowski erhellt mehr als nur Zusammenhänge und Wechselbeziehungen zwischen der Renaissance und der Moderne, zwischen Rembrandt und Claude Lorrain. Die Sammlung ist Symbol und Ausdruck eben jenes Humanismus, der schon seit der Aufklärung dazu drängte, um der Bildung des Geistes, der Sinne und des Herzens willen die bedeutendsten Zeugnisse der Kunst zu sammeln.
Die Ausstellung wird wie üblich von einer Vortragsreihe begleitet, die sich diesmal dem Medium Zeichnung in verschiedenen Epochen widmet. Außerdem erscheint ein umfangreicher Katalog mit Abbildungen und Beschreibungen sämtlicher ausgestellter Werke und kurzen biografischen Hinweisen zu allen Künstlern.