16.10.2009 - 15.11.2009
In seinen Arbeiten geht der chinesische Künstler Chu Yun vorwiegend installativ vor und bezieht sich unmittelbar auf seine Erfahrungswelt. Oftmals ist dabei der Produktionsprozess selbst als Teil des Kunstwerks mit zu betrachten. Während sich vielleicht die jüngsten Arbeiten mehr und mehr strukturell gesellschaftlichen Beobachtungen widmen, beziehen sich frühere Arbeiten wiederkehrend auf sehr persönliche und alltägliche Referenzen. Sie tasten in diesem Spannungsfeld die Grenzen der künstlerischen Produktion und der Dynamik des Rezeptionsprozesses ab. Chu Yuns künstlerische Sprache ist sehr klar, dabei gelingt es ihm aber auf poetische Weise das Verborgene zu offenbaren und damit den Blick auf das Reale freizugeben.
In einem Gespräch mit dem Kurator Hu Fang hat Chu Yun die Beschäftigung mit dem Alltäglichen folgendermaßen beschrieben: “In der Tat sind die Dinge die uns verändern weniger die, denen wir uns ganz offen bewusst sind, oder an die wir uns gar erinnern können. Ich denke, wir neigen eher dazu unbewusst geleitet zu werden, von Dingen, die wir nicht eben so wahrnehmen. Und, dass uns diese Dinge noch viel schneller und drastischer verändern.“ Die Arbeit 1607 (2003) beispielsweise verweist auf Chu Yuns damalige Wohnsituation. In einer Auswahl von 1607 aus einem Archiv von beinahe 6000 existierenden Bilddokumentationen zeigte er Situationen und Details aus seiner 20qm großen Wohnung. Für Who Stole Our Bodies? (2003) sammelte Chu verschiedenfarbige, sichtbar benutzte Seifenstücke von seinen Freunden und arrangierte diese als Installation. Neben dem Verweis auf die Vergänglichkeit des Materials, erzählt diese Arbeit auch von der individualisierten Vergänglichkeit des menschlichen Lebens. Im weitesten Sinne greift er dieses Thema ebenso auf, als er in der Arbeit This is xx (2006) die Intimität des Schlafens in den Ausstellungsraum und sogar in die Öffentlichkeit einer Messepräsentation (u.a. auf der Frieze Art Fair, London) trägt, indem er junge Frauen schlafend auf einem schlichten Bettkasten mit Bettzeug ausstellt.
Unter dem Titel Chu Yun hat der Künstler im Portikus ein für einen Innenraum beinahe überdimensioniertes Blumenbeet installieren lassen, welches in seiner Erscheinung und Ausführung beeindruckt. In vielschichtigen und flamboyant-verschiedenfarbigen Blumen-pflanzungen, die an einen barocken Garten erinnern, erhebt sich eine florale Rotunde in der Mitte des Ausstellungsraums. Diese kann von allen Seiten betrachtet werden. Mit dem Blick von der oberen Galerie des Portikus erschließt sich dem Betrachter jedoch eine weitere Dimension der Installation, in deren Mitte die Worte „Make a Great Work“ eingepflanzt sind. Chu Yun führt mit der überwältigenden Dichte und gestischen Überschwänglichkeit des Blumenbildes den Kontrast zwischen einer persönlichen Aussage und der artifiziellen Form eines Kunstwerks vor. In der Kombination dieser beiden zugleich komplex und einfach erscheinenden Elemente ist durchaus auch ein selbstironischer Zug in der Reflexion über künstlerische Repräsentation zu erkennen. Zugleich erinnert die Größe der Installation an Blumenrabatten im öffentlichen Raum. Dies könnte vielleicht als Verweis auf in China durchaus übliche urbane Anlagen dieser Art gelesen werden. In der Fülle der dicht an dicht aneinander gesetzten Blumen versteckt sich aber auch eine Analogie zur alltäglichen Erfahrung der Gesellschaft als eine Masse von Individuen.
Chu Yun, geboren 1977 in Jiangxi, lebt und arbeitet in Peking, China. Sein internationaler Erfolg spiegelt sich in einer Reihe von Ausstellungsbeteiligungen der letzten Jahre, wie etwa der 53. Venedig Biennale, den Gruppenausstellungen The Generational: Younger than Jesus im New Museum, New York 2009, Sprout from White Nights in der Bonniers Konsthall, Stockholm 2008, Our Future: The Guy & Myriam Ullens Foundation Collection, UCCA, Ullens Center for Contemporary Art in Peking 2008, sowie 2007 dem viel diskutierten Projekt This is xx auf der Frieze Art Fair in London wider. Im selben Jahr präsentierte Vitamin Creative Space in Guangzhou, China eine Einzelausstellung mit Chu Yun.