Der spanische Künstler Santiago Sierra bringt mit seinen Arbeiten die strukturelle Gewalt politischer und wirtschaftlicher Systeme drastisch zur Anschauung. Die Kunsthalle Tübingen versammelt erstmals exemplarische skulpturale Relikte seiner Performances in einer retrospektiven Schau.
Santiago Sierra ist für seine drastischen Performances weltweit bekannt: Er tätowierte sechs nebeneinander stehenden jungen Kubanern gegen ein paar Dollar eine durchgehende Linie auf den Rücken; er ließ den Eingang des spanischen Pavillon auf der Biennale in Venedig bis auf eine kleine Öffnung zumauern und gewährte nur den Inhabern spanischer Pässe Zutritt; er verwandelte eine Synagoge in Stommeln durch Einleitung von Autoabgasen in eine Todeskammer; er ließ Arbeiter stundenlang in Pappkartons verharren, eine umkippende Wand stützen oder öffentlich masturbieren. Der in Madrid lebende Spanier hat es sich zur Aufgabe gemacht, die strukturelle Gewalt politischer und wirtschaftlicher Systeme schmerzhaft deutlich zur Anschauung zu bringen. Erstmals werden nun die skulpturalen Relikte von Sierras wichtigsten Performances in einer retrospektiv angelegten Ausstellung zusammengefasst. Die Schau wird ergänzt durch rekonstruierte Performances und durch eigens für Tübingen entstehende Arbeiten, welche in den Stadtraum ausgreifen sollen. Die Ausstellung entsteht in Zusammenarbeit mit Harald Falckenberg und den Deichtorhallen Hamburg und wird nach Tübingen in den Phoenix-Hallen in Hamburg-Harburg zu sehen sein.