Die Kunsthalle Wilhelmshaven gibt mit 100 graphischen Arbeiten von 40 Künstlern einen Überblick über die vielfältigen Neuerwerbungen der letzten Jahrzehnte, die aus der Griffelkunst stammen. So konnte die Grafiksammlung, die auch städtische Bestände umfasst, auf 800 Blätter anwachsen. Die Ausstellung geht erstmals der großen Bedeutung der Griffelkunst-Vereinigung für die Wilhelmshavener Sammlungsgeschichte nach.
Drucktechniken wie Radierung, Lithographie und Holzschnitt zählen zu den traditionellen Gestaltungsmitteln in der Kunst. Doch gerade heute fangen junge Künstler wieder an, diese Techniken neu zu schätzen und in ihrem Werk einzusetzen. Einen nachhaltigen Einfluss auf deren Wiederauferstehung übte schon immer die Griffelkunst-Vereinigung in Hamburg aus. Die seit 1925 bestehende Vereinigung bestimmt seit über 80 Jahren direkt oder indirekt jede sammlerische Tätigkeit im Bereich graphischer Künste in Deutschland, auch die öffentlicher Kunstsammlungen, indem sie zeitgenössische Künstler beauftragt, graphische Blätter herzustellen, die noch heute durch ihre Mitglieder für geringes Entgelt gekauft werden können.
Die in Europa einzigartige Förderung der „Kunst für Jedermann“ kam auch Institutionen wie der Kunsthalle Wilhelmshaven zu Gute. Die Grafiksammlung des Vereins der Kunstfreunde für Wilhelmshaven e. V. profitiert seit den 1950er Jahren von den Ankäufen und weist heute ein vielfältiges Spektrum internationaler Grafik auf.
Die Ausstellung zeigt erstmals das vielfältige Spektrum der Neuerwerbungen aus den letzten Jahrzehnten und deckt damit ein Stück Wilhelmshavener Sammlungsgeschichte auf. Neben Highlights bisher verborgener Griffelkunstblätter, die in der Grafiksammlung schlummern wie von Lyonel Feininger, Félix Vallotton, Alfred Hrdlicka und vielen anderen, stellen wir Künstler der 1970er-Jahre-Generation vor, die sich heute mit den vielseitigen Möglichkeiten der „Griffelkunst“ auseinandersetzen. Inkjet-Druck, handkolorierte Lithographien und ungewöhnliche Siebdrucke stellen etwa Jonathan Meese (*1970, Tokio), Volker Renner (*1977), Yves Netzhammer (*1970, Affoltern am Albis), Jorinde Voigt (*1977, Frankfurt/M.) und nicht zuletzt Yvette Kießling (*1978, Leipzig), her, die im Freien direkt vor dem Motiv am Lithostein arbeitet.