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Kunsthalle Ziegelhütte


Ziegeleistr. 14
9050 Appenzell
Tel.: 071 788 18 61
Homepage

Öffnungszeiten:

Apr-Okt: Di-Fr 10.00-12.00
u. 14.00-17.00 Uhr
Sa, So: 11.00-17.00 Uhr
Nov-Mär: Di-Sa 14.00-17.00 Uhr
So 11.00-17.00 Uhr

Anja Ganster: Wandelhalle

06.05.2012 - 29.07.2012
Anja Ganster (* 1968 in Mainz, lebt seit 2008 in Basel). Ganster gehört zu den Shooting-Stars der jungen mimetischen Malerei. Ihre Werke sind in bedeutenden Sammlungen vertreten (Museum Burda, Baden-Baden, Museum Würth, Künzelsau etc). Ihre meist menschenleeren Innenraumdarstellungen zeigen einerseits die glitzernde Oberfläche der Realität, andererseits sind sie – im Detail betrachtet – reine Malerei: „Wandelhalle“, das sind Malereien, deren Thema Durchgangshallen, Foyers etc. sind: Stationen auf dem Weg von einem Raum zu einem anderen; Orte zwischen Innen und Aussen, die Menschen in einem „Dazwischen“ positionieren – oder: „Sensationen des Augenblicks“, die Gansters Bildermachen anregen. „Wandelhalle“, das ist der Ort und der Mensch. Auf die Kunst Gansters bezogen: Malerei ist eine Grenzerfahrung, für die Künstlerin wie für den Betrachter: Realität oder Traum? Darstellung oder Erfindung? Die jüngsten Arbeiten Gansters sind Kristallisationspunkte eines künstlerischen Grenzgängertums zwischen Realismus und Abstraktion. Für den Betrachter sind die Gemälde metaphorischer Ausgangspunkt für visuelle Erlebnisse, aber auch für ganze Filme … mithin erinnerte Realität. In der heutigen Welt nehmen diese Durchgangsorte, diese Nicht-Stätten, zunehmend mehr existentiellen Raum (und Zeit) ein. Anja Ganster, selbst ein Kind der globalisierten Wirklichkeit und nicht gerade sesshaft, thematisiert in ihrer jüngsten malerischen Werkreihe die Schwellenpunkte einer Gesellschaft, die sich mehr oder weniger immer auf der Reise von einem Ort zum anderen befindet – weswegen die Hallen, die Lounges, die Foyers, die gebauten Querverbindungen und Ruhepunkte, die Shopping-Malls, die Recreation-Spaces, eben die Passagen der mobilen Menschenmassen immer grösser, immer aufwendiger und architektonisch immer eigenständiger werden. Ganster malt diese Orte, die sie meist vorher selbst fotografiert hat: nur, wenn man aus diesem Fakt schliessen würde, dass es der Künstlerin um die authentische Abbildung eigener Erlebnisse und Wahrnehmungen gehe, hätte man wohl das eigentliche Thema der Werkreihe „Wandelhalle“ aus dem Blick verloren.
Ganster nutzt die tatsächliche Ambivalenz der Zwischenräume, um eine zwar metaphorisch aufgeladenes, aber im Wesentlichen visuelles Dazwischen in Anschaulichkeit, in Sinnlichkeit zu übersetzen. Auf der metaphorischen Ebene geht es ihr durchaus um die Wiedergabe oder Erzeugung – das hält sich die Waage – eines spezifisch zeitgenössischen Raumerlebnisses: eine Grunderfahrung des heutigen Menschen ist, dass er sich oft zwischen Innen und Aussen befindet – sei es aus Gründen touristischer Reiselust, beruflichem Unterwegssein, wirtschaftlicher und politischer Not usw. – oder gar aus psychologischen Gründen. Das Selbst konstituiert sich bestens, wenn es mit festen Orten konfrontiert ist, in den Wandelhallen der Welt ist dieses Selbst, ganz wie der Held in Point Blank, nur als flüchtiges Wesen präsent, fast nur als schemenhafte Erinnerung gegenwärtig, die sich erst an einem anderen, wiederum festen Ort wieder „materialisiert“. Und genau diesen Moment, in dem wir, die wir Betrachter und Akteur zugleich sind, uns von einer Stelle zur anderen begeben haben, also schon weg sind oder noch gar nicht da waren – diesen Erinnerungs- oder Projektionsort hält die Künstlerin fest, das mag man nun metaphorisch oder philosophisch nennen. Und zugleich formuliert die Künstlerin etwas, das ausschliesslich ein ästhetisches Erlebnis ist: das Dazwischen jeglicher Kunst, die immer realitätsbezogen und eigenwertig, eben autonom ist. Gansters Bilder sind Abbildungen einer Realität, an die wir uns erinnern, ohne sie je gesehen zu haben. Die Betrachter haben ähnliches möglicherweise erlebt, aber nie genau diesen Augenblick – und vor allem nicht in dieser Art und Weise. Denn man kann die Dinge zwar sehen, wie man glaubt, dass sie seien, aber niemand kann die Wirklichkeit malerisch erfahren – und die Bilder von Anja Ganster sind in erster Linie Malerei, eben „Linien und Farben in einer (von der Künstlerin) bestimmten Ordnung auf einer Leinwand“ (Maurice Denis). Dies erkennt man auf den ersten Blick und auf den zweiten Blick wird dies im Detail bestätigt: die Lichtführung, das Spiel mit den Spiegelungen und die Unschärfe sind malerische Effekte, die Leerstellen und die Malspuren sind Zeugnisse des malerischen Handwerks, die gesamte Inszenierung verdankt sich der Künstlerin, die Bühnenbauerin und Regisseurin zugleich ist. Die Bilder Anja Gansters, die zwar wie Wirklichkeit aussehen, aber nur in der Realität der Imagination existieren, mögen zwar in unserer Betrachtung zu Triggerpunkten werden, die uns von einem Ort – beispielsweise dem Museum oder dem Privatraum – in einen anderen Raum – vielleicht einen erinnerten, erträumten oder gänzlich imaginierten – „beamen“, im Eigentlichen bleiben sie aber Bildräume, anders gesagt: Kunstwerke, die auf nichts als sich selbst, auf ihre teils prächtige, teils fast surreale, teils auch herrlich banale Gegenwart verweisen.
In der Ausstellung werden ca. 40 teils grossformatige Gemälde gezeigt. Die Ausstellung wurde in Kooperation mit der Künstlerin und dem Mannheimer Kunstverein zusammengestellt.

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